Mit Zielstrebigkeit zum Ziel: Anna-Lena Johnsen eröffnet eine Kinderkrippe. Foto: Jürgen Brand

In bester Lage auf der Gänsheide eröffnet die gebürtige Lübeckerin Anna-Lena Johnsen ihre Kinderkrippe mit dem Namen „Die kleine Kajüte“. Bis zu 20 Kinder im Alter von sechs Monaten bis drei Jahren können dort einmal in zwei Gruppen betreut werden.

S-Ost - Der Name „Die kleine Kajüte” will auf den ersten Blick nicht so recht auf die Gänsheide, an die Richard-Wagner-Straße passen. Trotz der tollen Aussicht dort ist kein Tropfen Wasser zu entdecken und erst recht kein Boot. Aber es klingt irgendwie gemütlich - und das soll es auch sein für die Kinder im Alter von sechs Monaten bis drei Jahren, die dort von Mitte April an betreut werden sollen. Den Namen hat sich Anna-Lena Johnsen ausgedacht, die aus Lübeck ganz weit oben im Norden kommt und die für die Kinder und auch für sich selbst auf der Gänsheide ein neues Zuhause schaffen will. Ihr Weg von der Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin hinauf in Stuttgarts beste Halbhöhenlage ist eine der Existenzgründergeschichten, von denen sich die Verantwortlichen im Land viel mehr wünschen.

 

Das IHK-Existenzgründerseminar half

„Ich hatte schon früh davon geträumt, mich selbstständig zu machen”, sagt Anna-Lena Johnsen im Garten vor dem Haus in der Richard-Wagner-Straße 51, in dem sie nicht nur arbeiten, sondern mit ihrem Freund auch wohnen wird. Nach ihrer Ausbildung machte sie ihre Fachhochschulreife in Braunschweig, 2008 lockte die Liebe sie nach Stuttgart. Sie kümmerte sich zunächst in der Caritas-Kinderkrippe Nordstern im Haus 49 um Kinder, zwei Jahre lang leitete sie die Einrichtung. Aber sie wollte mehr. Deswegen kündigte sie dort, um zu studieren, Frühkindliche Bildung und Erziehung in Ludwigsburg.

Schon während des Studiums erkundigte und informierte sie sich immer weiter über die Möglichkeiten, sich selbstständig zu machen, das war ihr großes Ziel. Sie absolvierte Anfang 2014 ein Existenzgründerseminar bei der Industrie- und Handelskammer und bekam darüber einen Berater vom Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft (RKW) Baden-Württemberg, das seinen Sitz in der Königstraße hat. Im April 2014 traf sie sich zum ersten Mal mit ihrem Berater. Dank dieser Vernetzung – und ihrer Zielstrebigkeit – bekam sie eine Förderung für Existenzgründer und machte sich daran, einen Businessplan zu erarbeiten.

Für Stuttgarter Verhältnisse schnelle Genehmigung

„Eigentlich steht und fällt das Projekt mit der Immobilie”, das war für sie und ihr privates Kinderkrippenprojekt relativ schnell klar. „Wir haben uns ganz viel angeschaut, vom Industriegebiet in Zuffenhausen bis irgendwo in Fellbach”, erzählt die 31-Jährige. Aber das Richtige war nicht dabei, und sie hatte sich eigentlich schon darauf eingestellt, dass sie noch ein, zwei Jahre würde warten müssen. Doch plötzlich tauchte in einem der Immobilienportale im Internet das Gebäude an der Richard-Wagner-Straße auf. Sie traf sich mit den Eigentümern, man verstand sich auf Anhieb – aber einige Hürden standen noch im Weg. Eigentlich war das Haus ein reines Wohnhaus, es musste also eine Nutzungsänderung beantragt werden. Und dann galt es ja auch noch, die Finanzierung – immerhin ein sechsstelliger Betrag – für den Umbau auf die Beine zu stellen.

Aber es klappte alles, und das sogar für Stuttgarter Verhältnisse überraschend schnell. Die Nutzungsänderung wurde genehmigt, im September stellten sie den Bauantrag, im November unterschrieben sie den Mietvertrag, im Februar kam der Rote Punkt, also die Baugenehmigung. Seitdem beherrschen die Handwerker das Haus. In den oberen Etagen wohnen Anna-Lena Johnsen und ihr Freund, die unteren beiden Etagen werden gerade in die neue Kinderkrippe verwandelt.

Noch werden Erzieher gesucht

In der „Kleinen Kajüte” sollen einmal bis zu maximal 20 Kleinkinder in zwei Gruppen betreut werden, dafür werden zwei geräumige Gruppenräume eingerichtet, ein Schlafraum, ein Atelier, ein Bewegungsraum, ein Wickelraum, eine Küche, Kindertoiletten, ein Bad und natürlich der Garten. Jede Gruppe wird von zwei Vollzeitkräften betreut, dazu soll noch eine 80-Prozent-Stelle kommen, außerdem je nach Möglichkeiten Anerkennungspraktikanten oder junge Erwachsene, die ein Freiwilliges Soziales Jahr machen.

Angefangen wird Mitte April ganz klein und überschaubar, mit zwei Kindern. Aber Anna-Lena Johnsen ist mit der Nachfrage jetzt schon sehr zufrieden, obwohl sie noch gar nicht angefangen hat, Werbung zu machen. „Es läuft echt gut”, sagt sie und klingt zuversichtlich, dass rasch mehr Kinder zu ihr gebracht werden – und sie das richtige Personal findet. Der monatliche Betreuungspreis in der Kajüte ist mit 580 Euro „nicht ganz günstig”, wie sie selbst sagt. „Aber ich biete ja auch etwas: ein Haus mit Garten, gute Betreuung, moderne Einrichtung, wir werden selbst kochen.”

Am Samstag, 2. Mai, lädt die dann fertig herausgeputzte Kinderkrippe zu einem Tag der offenen Tür ein, von 14 bis 18 Uhr können sich Interessierte das Kinderbetreuungsangebot zeigen lassen. Und Anna-Lena Johnsen wird bestimmt nicht nur einmal erklären müssen, wie sie auf den Namen gekommen ist: „Ostsee, Strand, Wind, Meer, Geborgenheit. Das bin halt ich.”