Die neue Sandinsel im Bodensee wenige Kilometer von Bregenz entfernt. Foto: dpa

Die bei Bregenz entstandene neue Insel im Bodensee ist zwar nur sichtbar, weil derzeit Niedrigwasser herrscht. Sie ist aber keinesfalls herrenlos. Doch zu welchem Land gehört sie nun eigentlich?

Bregenz - Die Ausmaße der Altstadtinsel von Lindau hat die neu entstandene Insel vor den österreichischen Bodensee-Gemeinden Hard und Fußach noch nicht. Doch derzeit sorgt die etwa 200 Meter lange und bis zu 50 Meter breite Sandinsel für deutlich größere Aufmerksamkeit. Diese hat sich in den letzten Wochen aus Ablagerungen und Flußwassersedimenten am Rheinzufluss kurz nach der Mündung des Alpenrheins in den Bodensee gebildet, wenige Kilometer von Bregenz entfernt.

Die Insel wird nicht so schnell wieder verschwinden

Sichtbar geworden ist die Insel durch den derzeit anhaltenden Niedrigwasserstand des Bodensees, der am Pegel Konstanz am Freitag um die Mittagszeit gerade mal 2,68 Meter erreichte. Schnell verschwinden wird die Insel nicht: „Aber sie wäre bei normalen Wasserständen nicht sichtbar“, sagt Mathias Speckle von der Geschäftsstelle der Internationalen Rheinregulierung im schweizerischen St. Margrethen. Denn dann läge sie unter der Wasseroberfläche. „Das bleibt ein spannendes Thema, auch für uns“, sagt Speckle.

Die Erfahrung zeige seit Jahrzehnten, dass Rhein „stetig Material in den Bodensee bringt“, erläutert Speckle. Schwebstoffe und Sedimente würden im See abgelagert, was auch stets die Gefahr einer Verlandung von Uferzonen mit sich bringe. Man könne das Phänomen auch bei der benachbarten Bregenzer Ach beobachten. Der Fluss, der im westlich gelegenen Bregenzerwald entspringt, verändere immer wieder seine Strukturen: „Und auch die Sandinsel wird nicht statisch bleiben“, so Speckle. Sie kann sich innerhalb weniger Monate verlagern, vergrößern oder verkleinern.

Könnte man die Insel besetzen?

Doch wem oder zu welchem Land gehört die Insel eigentlich? Könnte man sie einfach entern – und für sich beanspruchen? Als so genannte Mikronation? Beispiele von derartigen Besetzungen gibt es viele. Etwa das Fürstentum Sealand, das knapp zehn Kilometer vor der britischen Küste bei Suffolk auf der ehemaligen Maunsell-Seefestung liegt. Nachdem die Plattform vom britischen Militär verlassen wurde, hatte sie Paddy Roy Bates, ein britischer Ex-Major, eingenommen und kurzerhand als neuen, eigenständigen Staat proklamiert. Die Anerkennung wurde jedoch international verweigert. Laut zahlreichen Gerichtsbeschlüssen gehört die Insel weiterhin zu Großbritannien.

Auch bei der neuen Sandinsel ist die Rechtslage laut Mathias Speckle klar: „Das ist eindeutig österreichisches Staatsgebiet“, sagt er. Denn in Österreich kann man „öffentlichen Grund und Boden nicht so einfach in Besitz nehmen. Auch nicht durch ständige Nutzung“, sagt Speckle. Selbst dann nicht, wenn das Gebiet herrenlos erscheine.

Forscher untersuchen das Phänomen weiter

Dass sich die Insel bilden konnte, liegt wohl auch an den seit den 70er Jahren gebauten so genannten Vorstreckungsdämme. Auf einer Länge von etwa 4,5 Kilometern wird der Rheinzufluss mit Dammbauten quasi gesteuert in den See geleitet – die Maßnahmen waren erfolgt, weil die Uferbereiche von Hard und Fußach zusehends verlandet waren. Mit den aus Wasserbausteinen und Kies aufgeschütteten Leitdämmen wollte man die Ablagerungen und Flußwassersedimente weiter in den Bodensee hinaus leiten: was jetzt, tatsächlich etwas weiter entfernt vom Ufer, zur Sandinsel-Bildung führte. Allerdings sei die neue Insel auch ein Hinweis darauf, dass sich vor Mündung des Alpenrheins ein Delta ausbilde, sagt Speckle. Forscher des Instituts für Seenforschung in Langenargen und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich sollen nun eine Untersuchung begleiten.