Ein virusähnlicher Krankheitserreger, der Hopfenpflanzen zerstört, kommt auch in Zitrusfrüchten vor. Forschende mahnen daher zum vorsichtigen Umgang mit Zitrusresten.
Die Gefahr lauert im Obstregal. In den dort angebotenen Zitrusfrüchten können Viroide stecken, wie Forschende in einer aktuellen Studie berichten. Die winzigen Gebilde sind deutlich kleiner als Viren, weil sie im Gegensatz zu diesen keine Hülle aus Eiweißmolekülen haben. Sie bestehen aus reiner Erbinformation in Form von RNA. Die Studienautoren um Michael Hagemann vom Fachgebiet Produktionssysteme der Sonderkulturen an der Uni Hohenheim untersuchten 450 Zitrusproben aus deutschen und slowenischen Supermärkten. In sechs Prozent der Früchte fanden sie ein Viroid, dass in der Fachwelt als Citrus Bark Cracking Viroid (CBCVd) bekannt ist. Daneben wurden weitere Viroide nachgewiesen.
CBCVd ist ungefährlich für Menschen und macht auch Zitrusbäume nicht ernsthaft krank. Es kann aber bei einigen Sorten zum Platzen der Rinde führen. Für Hopfenpflanzen ist es dagegen eine Gefahr. Ein bis zwei Jahre nach der Infektion lässt zunächst das Wachstum nach. „Die Pflanzen bleiben kleiner, wachsen auf fünf bis sechs Meter statt der üblichen acht Meter heran“, so Hagemann. Zudem leide der Ertrag. „Befallene Pflanzen haben kleinere Dolden und weniger für das Bierbrauen wichtige Bitterstoffe, später folgt das Absterben.“
Zitrusreste auf dem Feld
Bis ins letzte Detail sei nicht geklärt, wie der Erreger auf den Hopfen übergesprungen ist, sagt Hagemann. Wahrscheinlich habe ein Landwirt in Slowenien Zitrusreste auf einem Feld entsorgt, auf dem Hopfen gepflanzt wurde. Weil er auch an andere Bauern Pflanzen weitergegeben hatte, konnte sich die Krankheit ausbreiten und kam so wohl auch nach Deutschland. Dort habe sich der Erreger dann durch das Schneiden der Hopfenpflanzen weiter verbreitet, so Hagemann. Dabei bleibt viroidhaltiger Saft an den Werkzeugen hängen, der neue Pflanzen infizieren oder in andere Plantagen verschleppt werden kann. Die Desinfektion von Werkzeugen und Maschinen verringert dieses Risiko, zumal auch andere Krankheiten durch Pflanzensaft übertragen werden können.
Anders als etwa gegen Pilzkrankheiten gibt es keine Spritzmittel gegen Viren oder Viroide. Bei den hierzulande angebauten Hopfensorten gehen kranke Pflanzen daher unweigerlich ein. „Es gibt auch neuere Sorten, die den Befall zumindest tolerieren“, sagt Hagemann. Doch die Bierbrauer verlangten in der Regel nach traditionellen Sorten wie dem Tettnanger Hopfen.
Ausbreitung verhindern
Umso wichtiger sei es, die weitere Ausbreitung der Viroide zu verhindern. So sollten infizierte Pflanzen und ihre direkten Nachbarn aus den Plantagen entfernt werden. „Eine achtlose Entsorgung von Obstresten in landwirtschaftlichen Gebieten kann die Verbreitung dieser Krankheiten fördern“, mahnt Hagemann. „Daher gilt vor allem in den Hopfenanbaugebieten: Bitte keine Zitrusfrüchte oder -schalen beim Spaziergang oder bei der Feldarbeit einfach irgendwo hinwerfen.“ Würden Zitrusreste richtig kompostiert, stellten sie keine Gefahr dar. Im Übrigen gehörten auch Rispen von Weinreben nicht in Hopfenplantagen, weil sie ebenfalls ein Viroid enthalten können, das dem Hopfen schadet.
2019 wurde CBCVd erstmals in deutschem Hopfen gefunden. Im größten deutschen Anbaugebiet Hallertau, wo auf 17 000 Hektar Hopfen wächst, sind laut Hagemann inzwischen rund 110 Hektar infiziert. Das seien aber nur die Flächen, auf denen der Befall mit Tests nachgewiesen worden sei. Tatsächlich sei von einer größeren Fläche auszugehen. „Es ist nicht so, dass in der Hallertau demnächst alle Hopfenpflanzen eingehen“, so der Experte. Doch ohne Gegenmaßnahmen werde das Problem immer größer und könne die Hopfenproduktion ernsthaft gefährden, die ohnehin schon unter dem Klimawandel leidet.