Das Parlament verschärft seine Hausordnung. Wer gute Argumente hat, muss Andersdenkende nicht beleidigen, meint unser Autor Armin Käfer.
Kurz nach der Wahl hatte sich die AfD ein „maßvolleres, seriöseres und niveauvolleres Auftreten“ auferlegt. Ihre Abgeordneten tun sich damit offenkundig schwer. Sie haben bisher mit Abstand die meisten Ordnungsrufe im Deutschen Bundestag kassiert: 15 von insgesamt 18. Das hat nichts mit Diskriminierung, schon eher mit einem Mangel an Benimm zu tun.
Die Redefreiheit wird nicht eingeschränkt – nur die Pöbelfreiheit
Künftig werden Verstöße gegen die Regeln des Hohen Hauses noch strikter geahndet. Es spricht für sich, dass Stephan Brandner dies für einen „Frontalangriff gegen die Rechte der Opposition“ hält – er ist Parlamentsgeschäftsführer der Partei, die sich bisher am wenigsten durch ein maßvolles, seriöses und niveauvolles Auftreten ausgezeichnet hat. Die strengeren Regeln gelten nicht nur für die Opposition oder gar für diejenigen, die besonders häufig pöbeln – sondern für alle. Selbstverständlich ist die Redefreiheit in einem Parlament ein hohes Gut. Doch die Redefreiheit wird durch die neue Hausordnung auch nicht eingeschränkt, nur die Pöbelfreiheit. Der Bundestag ist kein Bierzelt. Wer gute Argumente hat, muss andere nicht beleidigen. Die Stichhaltigkeit überzeugender Argumente erschließt sich auch bei gesitteter Ausdrucksweise. Das Parlament ist eine Arena des zivilisierten Streits. Dazu braucht es auch keine Pullover mit aufgedruckten Parolen. Abgeordnete sind schließlich keine Litfaßsäulen. Wer seine Überzeugung nicht verbal vermitteln kann, ist im Bundestag ohnehin fehl am Platz.