Einmal mit dem Smartphone eingeloggt, weiß Facebook , wo die Nutzer sich gerade aufhalten. Foto: Screenshot

Datenschützer schlagen Alarm. Mit einer neuen Funktion will Facebook ständig die Aufenthaltsorte seiner Mitglieder erfassen. Bereits jetzt werden Daten erfasst, wenn man im Netzwerk surft.

New York/Stuttgart - Facebook will mit einer neuen Anwendung laut einem US-Medienbericht den aktuellen Aufenthaltsort seiner Mitglieder verfolgen, um sie über Freunde in ihrer Nähe zu informieren. Die App solle Mitte März herauskommen, berichtete die Finanznachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf informierte Personen. Das Programm solle auf einem Smartphone ständig im Hintergrund laufen, auch wenn es nicht geöffnet sei, hieß es. Mit den Daten könnte Facebook seinen Nutzern auch ortsbezogene Werbung einblenden. Bereits jetzt erfasst das soziale Netzwerke ortsbezogene Daten seiner Mitglieder. „Wenn man ein Bild oder einen Kommentar online stellt, erfasst Facebook wo sich der Nutzer aufhält“, sagt Niklaas Haskamp von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Die neue Anwendung dagegen soll permanent anzeigen, wo sich die Mitglieder aufhalten. „Ziel dieser neuen Funktion könnte die noch genauere individuell bezogene Werbung per Facebook sein“, sagt Haskamp. Für personalisierte Werbung sei es wichtig, möglichst viele Daten aus dem Personen- und Ortsprofil zu haben.

Eine solches Programm könnte für neuen Streit zwischen Facebook und den Datenschützern sorgen. Während die Nutzer der permanenten Erfassung ihrer Ortsinformationen durch eine neue App wohl ausdrücklich zustimmen müssten, sicherte sich Facebook in seinen Nutzungsbedingungen bereits die grundsätzliche Erlaubnis, für seine Dienste Daten des Satelliten-Ortungssytems GPS zu verarbeiten. Das Online-Netzwerk erklärte auf Anfrage, man kommentiere keine Gerüchte. Auch Niklas Haskamp pocht auf Transparenz bei den neuen Funktionen. „Erfahrungsgemäß ist es aber leider so, dass neue Angebote in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) versteckt werden“, sagt er. Das sei alles andere als benutzerfreundlich.Wer nicht möchte, dass ortsgebundene Daten gesendet werden, kann bei Apple-Geräten für alle oder einzelne Anwendungen dies ausschalten. „Bei Android ist dies nur für alle Funktionen möglich“, sagt Haskamp.

Automatische Gesichtserkennung auf Eis gelegt

Schon in der Vergangenheit zeigten sich auch deutsche Datenschützer besorgt, dass sich bei Facebook mit seiner über einer Milliarde Nutzern zu viele Informationen über zu viele Menschen in einer Hand sammelten. So sahen sie zum Beispiel die automatische Gesichtserkennung in Facebook-Fotos sehr kritisch, die Nutzern helfen sollte, Freunde schnell in Bildern zu markieren. Die Funktionen wurde nach Einwänden der Datenschützer in Europa auf Eis gelegt.

Es gibt bereits verschiedene Dienste, die mit dem Einverständnis der Nutzer permanent auf ihren Aufenthaltsort zugreifen können. So bietet Apple auf seinen iPhones die App „Freunde“ an, mit der ein Nutzer sehen kann, wo sich gerade seine Bekannten aufhalten. Man erteilt sich dabei gegenseitig die Erlaubnis, den Aufenthaltsort zu sehen.

Eine App, die stärker auf Ortungsdaten setzt, würde zum aktuellen Kurs von Facebook passen, das mobile Geschäft in den Vordergrund zu stellen. Die Mitglieder laufen schnell vom PC auf Smartphones und Tablets über. Im vergangenen Quartal griffen von den mobilen Geräten erstmals mehr tägliche Nutzer auf das Netzwerk zu als von Notebook oder Desktop. Bis vor kurzem war das Werbesystem von Facebook aber vor allem auf die PC-Welt ausgerichtet.

Im vergangenen Jahr begann das Netzwerk umzusteuern und die Werbeeinnahmen von mobilen Geräten machten zuletzt ein Viertel der Anzeigenerlöse aus. Werbung ist die wichtigste Geldquelle des sozialen Netzwerks.