Schülerinnen des Berufskollegs Mode und Design bei einer Modenschau: Bei den künftigen Ausgleichszahlungen stehen Berufskollegs im Schatten. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Landesreigerung und die Schulverbände demonstrieren bei den Verhandlungen um die künftige Finanzierung der Privatschulen in Baden-Württemberg ihren guten Willen. Doch Unstimmigkeiten bleiben, auch eine Kundgebung steht bevor.

Stuttgart - Die Verhandlungen zwischen dem Land und den Trägern freier Schulen über die Finanzierung von Privatschulen gehen auf die Zielgerade. Sie sind allerdings noch nicht abgeschlossen – für Mitte März ist noch ein Gespräch vorgesehen und auch eine Kundgebung steht noch an - , aber der Wettstreit um die Deutungshoheit möglicher Ergebnisse hat schon begonnen.

Am Montag wollen die Privatschulverbände den Stand der Verhandlungen aus ihrer Sicht präsentieren. Dem kommt jetzt Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) mit ihren Einschätzungen zuvor. Sie gibt sich überzeugt, dass in dem abschließenden Gespräch eine Einigung gefunden werde. Das Finanzierungsmodell, das die Landesregierung vorschlage, hebe die Privatschulförderung „auf ein nie gekanntes Niveau“, jubelt Eisenmann. „Wir kommen den Schulen in freier Trägerschaft weit über das Urteil des Verfassungsgerichtshofs hinaus entgegen“, lobt die Ministerin ihre Regierung bereits am Freitag in einer Mitteilung.

Der Verfassungsgerichtshof hatte im Juli 2015 Teile des Privatschulgesetzes des Landes für verfassungswidrig erklärt. So müsse das Land Privatschulen einen Ausgleich bezahlen, wenn diese ganz oder teilweise auf Schulgeld verzichten würden. Bis zum 1. August muss die Privatschulfinanzierung auf neue gesetzliche Füße gestellt werden.

50 Millionen für entgangenes Schulgeld

Dafür will das Land nach jetzigem Stand der Verhandlungen 50 Millionen Euro jährlich als Kompensationsmittel bereitstellen. Etwa zehn Prozent der Kosten eines Schülers sollen durch diese Ausgleichszahlungen vom Staat ersetzt werden. Zehn Prozent sollen die Privatschulen in Eigenleistung (auch durch Elternbeiträge) erbringen. Bei den aktuellen Verhandlungen kalkulieren die Schulen und das Land damit, dass die Elternbeiträge im Monat um durchschnittlich 60 Euro sinken werden.

Der Grundpfeiler der Privatschulfinanzierung in Baden-Württemberg ist seit Jahren, dass der Staat den Privatschulen 80 Prozent der Kosten eines staatlichen Schülers ersetzen will. Im Haushaltsjahr 2017 fließen nach Darstellung des Kultusministeriums 900 Millionen Euro in die Finanzierung der Privatschulen. 80 Prozent der Bruttokosten ersetzt zu bekommen, wird den Privatschulen seit Jahren versprochen. Auch jetzt bekennt sich Eisenmann zu diesem Ziel. Dafür würden weitere 15 Millionen Euro bereit gestellt. Damit setze das Land „ein starkes Zeichen der Wertschätzung für die Schulen in freier Trägerschaft“, betont die Ministerin.

Kostenbeteiligung ins Gesetz

Das erkennen die Privatschulverbände durchaus an. Mit den zusätzlichen 15 Millionen im Jahr werde die Marge von 80 Prozent für alle Schularten tatsächlich erreicht, gesteht etwa Christina Metke zu, die Geschäftsführerin des Verbands deutscher Privatschulen (VDP) in Baden-Württemberg. Allerdings nur bis zum nächsten Privatschulbericht. Der wird alle drei Jahre vorgelegt, liefert neue Zahlen und zieht neue Verhandlungen über Anpassungen nach sich.

Deshalb verlangen die privaten Schulen, dass der Kostendeckungsgrad von 80 Prozent ins Gesetz geschrieben wird. Dann, so die Verbände, würden sich langwierige Nachverhandlungen erübrigen. Das lehnt die Landesregierung jedoch nach wie vor strikt ab.

Auch bei der Eigenbeteiligung sehen die Privatschulen noch Diskussionsbedarf. Zehn Prozent erwartet das Land von den Schulen, das ist den Verbänden zu hoch. Das Gericht hatte vier Prozent ins Gespräch gebracht. Die Kultusministerin verlangt zudem ein detailliertes Berichtswesen. Das widerstrebt den Schulen als zu aufwendig, sie setzen auf pauschalierte Zuweisungen.

Berufsbildende Schulen außen vor

Der Verständigungswille sei auf beiden Seiten hoch, konzediert dennoch auch Christina Metke. Keine Einigung wird es aber bei der Definition der Schulen geben, die in den Genuss der Ausgleichszahlungen kommen. Berufskollegs und auch private berufliche Gymnasien gehören nicht dazu. Sie gelten nicht als allgemeinbildende sondern als berufsbildende Schulen obwohl sie allgemein bildende Abschlüsse verleihen. Das schreit nach Auffassung der Privatschulverbände nach einer neuen verfassungsrechtlichen Überprüfung. Würden berufliche Privatschulen in die Regelung aufgenommen, würde das den Staat nach Rechnung der Privatschulverbände weitere 50 Millionen Euro im Jahr kosten.

Kundgebung in Stuttgart

Unabhängig vom allseits bekundeten guten Willen zur Verständigung werden am kommenden Donnerstag auf dem Stuttgarter Schlossplatz mehr als 13000 Teilnehmer zu einer Großkundgebung erwartet. Es handle sich aber keineswegs um eine Demonstration der Privatschulen, beschwichtigt Christina Metke. Das vielfältige private Schulwesen wolle vielmehr seine Bedeutung aufzeigen. Auch die Ministerin könne durchaus ein Statement abgeben, so sie das wolle.

Gut 100000 Schüler im Land, etwa jeder zehnte, besuchen in Baden-Württemberg eine allgemein bildende Privatschule.