Sechs Prozent der Fahrzeuge in der Region mit roter oder gelber Plakette – Schärfere Vorgaben.
Stuttgart - Sieben Umweltzonen gibt es in der Region Stuttgart, in allen sieben treten zum neuen Jahr verschärfte Fahrverbote in Kraft. Nach einer Erhebung unserer Zeitung engt dies die Reichweite von fast 100.000 Fahrzeugen im Ballungsraum ein. Sie verfügen noch über keine Rußpartikelfilter.
In die Landeshauptstadt dürfen vom 1. Januar an keine Pkw, Lkw oder Busse mit gelben Plaketten mehr hineinfahren. Dann sind im Stadtgebiet nur noch grüne Plaketten erlaubt. Rote Plaketten, die hier schon seit dem 1. Juli 2010 verboten sind, müssen künftig auch in allen anderen Städten der Region mit Umweltzonen draußen bleiben.
Das sind Herrenberg, Leonberg, Ludwigsburg, Markgröningen, Urbach (Rems-Murr-Kreis) sowie die Dreier-Umweltzone im Kreis Ludwigsburg mit Pleidelsheim, Ingersheim und Freiberg am Neckar. Urbach, Ingersheim und Freiberg sind neu dabei, in den anderen Städten und Gemeinden durfte bisher schon nicht mehr unterwegs sein, wer keine Plakette und keine Ausnahmegenehmigung bekommen hatte.
Weitere Einschränkung für Lkw
Eine Erhebung unserer Zeitung bei den Landratsämtern der Region ergibt, dass immerhin rund 98.000 Fahrzeuge in der Region von den neuen Fahrverboten betroffen sind. Das sind rund sechs Prozent des gesamten Bestands: In Stuttgart und Umgebung sind etwa 1,6 Millionen Fahrzeuge zugelassen. Unter den Betroffenen sind gut 21.000 Lastwagen und damit satte 31 Prozent aller 70.000 im Ballungsraum zugelassenen Lkw.
Für diese gibt es seit kurzem noch eine weitere Einschränkung: In Leonberg mit den Teilorten Gebersheim und Höfingen gilt seit dem 1. Dezember ebenso ein Durchfahrtsverbot für Lkw wie bei den Nachbarn in Ditzingen sowie in Pleidelsheim, Ingersheim und Freiberg.
Auch das erste Lkw-Durchfahrtsverbot in der Region war in der Landeshauptstadt: Dort gilt es seit März 2010. Während etwa an der Weinsteige oder im Schwanentunnel seitdem weniger Lastwagen unterwegs sind, ist über Veränderungen etwa in Leonberg in den vergangenen drei Wochen noch nichts bekannt geworden - abgesehen von den neuen Schildern an den Ortseingängen. Bis zu einem ersten Fazit der Behörden dürften noch einige Monate ins Land ziehen.
Rote Plakette: Hochburg Kreis Esslingen
Rote Plakette: Hochburg Kreis Esslingen
Die neuen Fahrverbote treffen die Fahrzeugbesitzer unterschiedlich: Unter den 98.000 sind fast 11.000 Pkw und knapp 5000 Lkw, die lediglich für eine rote Plakette infrage kommen. Sie sind in Stuttgart schon seit eineinhalb Jahren unerwünscht und sollen künftig auch bei den anderen acht nicht mehr hinein. Hochburg ist der Kreis Esslingen mit 3800 Fahrzeugen dieser Kategorie.
Weit mehr Autos betrifft die nächste Stufe in Stuttgart: Rund 80.000 Fahrzeuge aus der gesamten Region bekommen lediglich die gelbe Plakette und dürfen künftig nicht mehr in diese Umweltzone rollen. Darunter sind rund 16600 Lastwagen. Hochburg ist wiederum der Kreis Esslingen mit rund 16.700 Fahrzeugen mit gelben Plaketten. In Stuttgart selbst gingen die Behörden zuletzt von 7700 Pkw und 2500 Lkw (Stand: Ende November) aus, die ohne Nachrüstung keine grüne Plakette bekommen können.
Fördermittel für Nachrüstung
Dass in den Werkstätten der Region zurzeit Flaute herrscht, was den Einbau von Rußpartikelfiltern betrifft, ist nur auf den ersten Blick überraschend. Stadtverwaltung, Regierungspräsidium, ADAC und Kfz-Innung hatten im Juni rund 12.000 Fahrzeughalter in Stuttgart angeschrieben und auf den Ausschluss der gelben Plakette vom Verkehrsgeschehen hingewiesen. Von den letztlich etwa 9000 Fahrzeugen, die tatsächlich nachrüstbar waren, sind nach Angaben des Innungssprechers Wolfgang Schäufele "circa 6000 aufgrund der Aktion mit Partikelfiltern ausgerüstet worden".
Anfang November wurde aber bekannt, dass der Bundestag zwar erneut 30 Millionen Euro an Fördermitteln ausschüttet, allerdings nicht nachträglich, sondern erst ab dem Stichtag 1. Januar 2012. "Von da an gab es keine Umrüstungen mehr", sagt Schäufele, dessen Innung rund 1000 Werkstätten in der Region angehören. 330 Euro Zuschuss will sich bei einem Anschaffungspreis von mindestens 600 Euro (plus Kosten für die Arbeitszeit) anscheinend niemand entgehen lassen. Auch nicht, wenn ihm 40 Euro Bußgeld und ein Punkt in der Flensburger Verkehrssünderdatei drohen.
Keine Kontrollen in Stuttgart
In Stuttgart scheint das kein Problem zu sein, denn noch im November wurde bekannt, dass der städtische Ordnungsdienst parkende Autos überhaupt nicht kontrolliert. Hintergrund war die Rechtsprechung des Stuttgarter Amtsgerichts, das kaum eine Chance auf erfolgreiche Prozesse sieht. Schließlich müsse die Stadt nachweisen, dass der Halter auch tatsächlich in die Umweltzone gefahren ist und dass er dies ohne Plakette tat. Seither gibt es Strafzettel nur noch, wenn die Polizei bei einer Routinekontrolle bemerkt, dass einer keine oder die falsche Plakette hat.
Die juristischen Probleme im Kampf gegen den Feinstaub werden aber nicht überall gleich bewertet. Ludwigsburg etwa hat sich vom Regierungspräsidium genehmigen lassen, dass sein Ordnungsdienst Bußgelder wegen fehlender oder falscher Plaketten verteilen darf. Da die Ludwigsburger schon seit 2008 mit der Umweltzone vertraut sind und zudem seit Monaten durch Banner an Straßen auf die nächste Stufe vorbereitet werden, sollen die Politessen laut Ordnungsamtschef Gerald Winkler von Anfang an Strafzettel verteilen. "Am 2. Januar wird die Beschilderung geändert", kündigt Winkler gegenüber unserer Zeitung an, "eine weitere Schonfrist ist nicht notwendig."