Im Kreis Böblingen gibt es eine Stelle, die bei Konflikten zwischen Vermietern und Mietern vermitteln will. Das Ziel: Obdachlosigkeit verhindern.
Wer seine Wohnung verliert, hat es vor allem mit kleinem Geldbeutel schwer, eine neue zu finden. Im schlimmsten Fall droht Obdachlosigkeit. Im Kreis Böblingen gibt es deshalb jetzt die Fachstelle Wohnraumsicherung. Hinter dem sperrig klingenden Namen, steht ein einfacher Gedanke: Zwischen Mietern und Vermietern zu vermitteln, bevor Mieter ihre Wohnung verlieren.
Zuständig für die neue Fachstelle ist der Verein Fortis, der im Kreis Böblingen seit 40 Jahren unter anderem in der Wohnungslosenhilfe aktiv ist. Die Finanzierung für eine volle Stelle übernimmt der Landkreis. Das Hilfsangebot für von Obdachlosigkeit betroffenen Menschen im Kreis sei zwar gut, schreibt das Landratsamt. „Aber es hat uns nicht gefallen, dass wir immer hinterherlaufen und zu wenig präventiv unterwegs sind“, sagt Johannes Weißer von Fortis.
Wohnung behalten ja, aber nicht um jeden Preis
Haben Menschen ihre Wohnung verloren, sei es angesichts des angespannten Wohnungsmarkts im Kreis sehr schwierig eine neue zu finden. „Wenn jemand heute obdachlos wird, bleibt er es meist für längere Zeit als früher“, nimmt Weißer wahr. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Wohnungs- und Obdachlosen im Kreis gestiegen. Wohnungslosigkeit bedeutet im Unterschied zur Obdachlosigkeit, dass Menschen keinen festen Wohnsitz haben, aber bei Freunden oder Verwandten unterkommen können.
Hinzu kommt: Die Notunterkünfte im Kreis stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen. Die Anzahl der dort untergebrachten Menschen sei überdurchschnittlich hoch, schreibt der Kreis, der offenbar dringend handlungsbedarf sah.
Die Fachstelle soll nun dafür sorgen, dass Menschen in ihrer Wohnung bleiben können und gar nicht erst auf Notunterkünfte angewiesen sind. Mit einer Einschränkung, die Weißer macht. Nur dann, wenn der Wohnraum auch erhaltenswert ist. In sehr seltenen Fällen habe er Wohnungen erlebt, in denen Menschen nicht bleiben sollten. Dann gehe es darum, andere Lösungen zu finden.
Was Fortis bieten will
Die neue Fachstelle soll Ansprechpartner sein, wenn klar ist: Da spitzt sich ein Konflikt immer weiter zu. „Wir haben immer wieder mit Klienten zu tun, bei denen ein früheres Eingreifen die Wohnungslosigkeit verhindert hätte“, sagt Weißer. Er wisse, dass solche Konfliktsituationen nicht nur für Mieter, sondern auch für Vermieter hochemotional sein können. Fortis wolle schlichten, aufklären und beide Seiten auf ihre Rechte hinweisen. Selbst wenn bereits eine Räumungsklage läuft, ist eine Vermittlung laut Weißer noch möglich.
Seit die Fachstelle ihre Arbeit aufgenommen hat, hat sie laut Weißer 61 Fälle bearbeitet, darunter 34 bei denen eine Räumungsklage läuft. Von den 61 seien 25 Fälle abgeschlossen und es sei meist gelungen eine gute Lösung zu finden. Als häufigste Konfliktursache nennt Weißer nicht gezahlte Miete. Er sieht Fortis aber auch als Ansprechpartner, sollten Mieter beispielsweise die ganze Zeit laut Musik hören. Das Klischee, von Mietern, die die Wohnung auseinandernehmen, sei ihm hingegen noch nicht begegnet.
Welche Lösungen es gibt
Die Gründe, warum die Mietzahlung ausbliebt, seien vielfältig. Aber: „Eigentlich gibt es niemanden, der seine Miete freiwillig nicht zahlt“, sagt Weißer. Zum Schutz der Betroffenen möchte er nicht zu sehr ins Detail gehen. Als „Klassiker“ nennt er aber junge Menschen, die auf Zeit angestellt sind, ihren Job verlieren und sich schämen, Hilfe vom Amt anzunehmen. „Und irgendwann fehlt dann das Geld für die Miete.“
Fortis biete zwar keine finanzielle Unterstützung, sei aber in der Lage zu beraten, welche Hilfsangebote es gibt – beispielsweise ein Darlehen vom Jobcenter. Und bislang habe die Erfahrung gezeigt: „Man kann ins Gespräch kommen.
Kontakt zur Fachstelle gibt es unter: www.fortis-ev.org/leistungen/fachstelle-wohnraumsicherung