Künftig soll statt der 3G- eine 2G-Regel im Land gelten. Foto: imago images/Bihlmayerfotografie

Auf ungeimpfte und nicht genesene Menschen sollen ab Montag in Baden-Württemberg schärfere Einschränkungen zukommen können. So beurteilen Rechtsexperten die 2G-Regel.

Stuttgart - In Baden-Württemberg soll ab dem kommenden Montag die Grundlage für eine 2G-Regelung eingeführt werden. Das heißt: Sind mehr als 390 Intensivbetten im Land mit Coronapatienten belegt oder liegt die sogenannte Hospitalisierungsinzidenz bei zwölf, dürfen nur noch Geimpfte und Genesene an vielen Bereichen des öffentlichen Lebens teilnehmen. Rein Getesteten werden damit etwa Restaurantbesuche verwehrt. Ist das rechtlich haltbar?

Erst kürzlich äußerte sich Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) zu dem Thema. Sie hat Bedenken, was die Einführung einer solchen 2G-Regel betrifft. „Jeder Eingriff in Freiheitsrechte muss gut begründet und verhältnismäßig sein“, so Lambrecht in der Welt am Sonntag. „Ich sehe nicht, wie man eine derart schwerwiegende Beschränkung mit dem Infektionsschutz rechtfertigen könnte.“

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Rechtswissenschaftler: 2G-Regel ist verfassungsgemäß

Auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags bewertet härtere Einschränkungen allein für Ungeimpfte und nicht Genesene kritisch. In einem neunseitigen Gutachten heißt es: „Der Ausschluss ungeimpfter Personen von vielen sozialen und kulturellen Aktivitäten stellt an sich einen schwerwiegenden Eingriff in ihre allgemeine Handlungsfreiheit dar.“ Für eine Bewertung der 2G-Regel komme es außerdem darauf an, „ob und gegebenenfalls wie lange die Maßnahmen befristet sind“.

Sollte es zu den schärferen Einschränkungen kommen, sieht darin auch Rechtswissenschaftler Ulrich Palm von der Universität Hohenheim einen schwerwiegenden Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit von Ungeimpften. Trotzdem hält er eine 2G-Regel für verfassungsgemäß. „Der Eingriff ist gerechtfertigt, da die Landesregierung mit der Vermeidung einer Überlastung des Gesundheitssystems ein legitimes Ziel verfolgt“, sagt Palm. Dieser sei auch erforderlich, weil ein Test im Vergleich zur Impfung kein gleich geeignetes Mittel sei, um die Pandemie zu bekämpfen. Der Regierung stehe dabei ein Spielraum für Einschätzungen zu.

Was sagt der Deutsche Ethikrat?

Aus nicht-rechtlicher, sondern ethischer Perspektive beurteilt die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, schärfere Einschränkungen für Ungeimpfte und nicht Genesene. Im ARD-Morgenmagazin sagte sie kürzlich: Aus ethischer Perspektive wünsche man sich zwar, bei einer 3G-Regel bleiben zu können, denn das bedeute mehr Teilhabe für alle. Sollten sich die Krankenhausbetten jedoch weiter füllen und das Coronavirus zunehmend unter Kindern grassieren, dann sei über eine 2G-Regel nachzudenken.

„Die Situation muss das also wirklich erfordern“, so Buyx. Zudem müsse man sich anschauen, in welchen Bereichen schärfere Regeln notwendig seien. „Es gibt Unterschiede, ob es den Discobesuch oder den Behördengang betrifft.“

Ob die 2G-Regel tatsächlich rechtens ist, werden sich letztendlich aber die Gerichte ansehen, sagt Rechtswissenschaftler Palm. Er erwartet, dass auf jeden Fall Klagen zur neuen Verordnung eingehen werden.

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