Eine Mutter sitzt mit ihrem Sohn auf dem Schoß auf einer Couch. Die verschärften Corona-Regeln in Schulen und Kitas treffen Familien und vor allem alleinerziehende Mütter und Väter hart. Foto: dpa/Marcel Kusch

Ab Montag können Haushalte im Privaten nur noch eine weitere Person treffen. Familien sollen Betreuungsgemeinschaften bilden dürfen. Eine Forscherin warnt vor Einsamkeit bei den Kleinsten.

Stuttgart - Am Montag sollen die verschärften Kontaktbeschränkungen in Baden-Württemberg in Kraft treten. Das erklärte ein Sprecher des Staatsministeriums unserer Zeitung. Derzeit befinde sich die entsprechende Verordnung in der Kabinettsabstimmung. An diesem Freitag will Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) den Landtag in einer Sondersitzung informieren. Dann gilt: Im Privaten dürfen sich Haushalte nur noch mit einer Person eines anderen Haushaltes treffen. Kinder unter 14 Jahren, die bislang nicht mitgezählt wurden, zählen von nun an mit.

Allerdings plane das Land zwei Ausnahmen, so der Sprecher: Familien sollen mit einer anderen, fest gelegten Familie so genannte Betreuungsgemeinschaft bilden dürfen, etwa um sich gegenseitig bei der Kinderbetreuung zu unterstützen. Außerdem sollen Mütter oder Väter ihre Kinder zu Treffen mit einem anderen Kind begleiten dürfen. So werde sicher gestellt, dass auch kleine Kinder Spielkameraden sehen könnten. Von der Regelung profitieren auch Alleinerziehende, die sonst ebenfalls niemanden mehr zusammen mit ihrem Kind hätten treffen können.

Land verschärft Maßnahmen bei touristischen Zielen

Außerdem kündigte der Sprecher gegenüber unserer Zeitung an, dass die Regierung gegen die Überfüllung touristischer Ziele vorgehen will, wie das derzeit etwa in manchen Skigebieten der Fall ist. Man plane einen Erlass, der die Landkreise in die Pflicht nehme, entsprechende Maßnahmen zu treffen, die gewährleisten, dass Massenansammlungen an solchen Stellen verhindert werden, so der Sprecher.

Währenddessen weisen Forscher darauf hin, dass die Gruppe der Kinder und Jugendlichen durch die Einschränkungen der Pandemiezeit mit am stärksten von Einsamkeit und Isolation betroffen. „Umso länger die Einschränkungen dauern, umso stärker werde das Einsamkeitsempfinden“, sagte die Soziologin Claudia Neu von der Universität Göttingen unserer Zeitung.

Überraschendes Ergebnis bei Senioren

Die Forscherin hat für den Sozialverband Deutschland ein Gutachten zu den sozialen Folgen erstellt. Das Ergebnis: Die Maßnahmen gegen Corona verstärken die soziale Isolation von Gruppen, die sich vor der Krise schon isoliert fühlten. Etwa Menschen, die unter Armut, Krankheit oder Arbeitslosigkeit leiden. „Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Betroffene sind hier gleichermaßen gefordert, um einer gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken“, so die Soziologin.

In ihrer Auswertung kommt sie auch zu einem überraschenden Ergebnis: Senioren kämen mit den Kontaktbeschränkungen durchschnittlich ganz gut zurecht, so Neu. „Die Mehrheit der Menschen in der zweiten Lebenshälfte fühlen sich auch in der Krise nicht einsam.“ Und so übt auch der Landesseniorenrat gegenüber unserer Zeitung keine Kritik an den nun weiter verschärften Kontaktbeschränkungen. Man müsse diese notgedrungen akzeptieren, sagte der Vorsitzende Uwe Bähr unserer Zeitung: „Die Familienmitglieder und Kontaktpersonen können sich abwechseln und so für Vielfalt beitragen.“