Die Bülow-Planung: Sechs Etagen mit Büros, dahinter ein Wohnungsturm sollen am Pragsattel entstehen Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Das Stadtviertel City Prag mausert sich – fast 15 Jahre nach dem ersten Entwicklungsschub und einer anschließenden Hängepartie nach dem gescheiterten Trump-Tower-Projekt. Seit Montag werden neue Büros gebaut. Bald entstehen ein Wohnturm und ein Ergänzungsbau für das Theaterhaus.

Stuttgart - Auf einem Schotterparkplatz an der Stresemannstraße sorgt ein neues Bauvorhaben dafür, dass die Verbindung zwischen Stuttgart und dem Weltkonzern Daimler AG noch etwas enger wird. Der Stuttgarter Baulöwe und Investor Horst Bülow baut seit Montag neue Büros für die Finanzdienstleistungssparte von Daimler, die Daimler Financial Services AG. Deren Vorstandschef Klaus Entenmann sagte beim ersten Spatenstich: „Das ist das Signal, dass unser Unternehmen in der ganzen Welt wächst und am Stuttgarter Pragsattel weiter das Herz unserer Aktivitäten schlägt.“

Und das Herz ist stark. Mit Verträgen aus seinem Haus seien zurzeit rund um den Globus mehr als 3,3 Millionen Pkw und Nutzfahrzeuge unterwegs, sagte Entenmann. Die Geschäfte gingen glänzend.

Vom ersten Quartal 2017 an sollen bis zu 600 Mitarbeiter rund 10 000 Quadratmeter Bürofläche beziehen. Der Finanzdienstleister zieht hier dann Mitarbeiter zusammen, die seit seinem Umzug von Berlin zum Konzernstandort Stuttgart in der benachbarten Mercedes-Benz-Bank oder in der sonstigen Umgebung untergebracht sind.

Rund 96 Millionen Euro will die Bülow AG, langjährige Partnerin des Daimler-Konzerns, in den sechsgeschossigen Bürobau, aber auch in einen 75 hohen Wohnturm nebenan investieren. Skyline heißt das kombinierte Projekt. Im Turm soll es von möblierten Eineinhalb-Zimmer-Wohnungen bis zu zwei teuren Penthouse-Wohnungen mit Dachgärten unterschiedliche Formate von Apartments geben. Unten will Bülow jungen Arbeitskräften aus dem Gewerbegebiet eine Unterkunft geben, oben sehr zahlungskräftigen Residenten – und immer soll es sich um Mietwohnungen handeln. So, wie Bülow auch die Büros für Daimler vermieten wird. Später könnten die Liegenschaften einmal an Immobilienfonds gehen.

Das Signal des Daimler-Konzerns am Pragsattel bewirkte schon mal, dass Peter Hofelich (SPD), Staatssekretär im Finanz- und Wirtschaftsministerium des Landes, und Stuttgarts Erster Bürgermeister Michael Föll (CDU) Hand an den Spaten legten und das Engagement von Bülow und Daimler würdigten. Ein guter Tag für Daimler sei immer auch ein guter Tag für Stuttgart, sagte Föll. Dass die Landeshauptstadt das Herz der globalen Aktivitäten der Daimler-Fianzdienstleister bleibe, höre man gern, zumal der Daimler-Konzern sich in einer „beeindruckenden Offensive“ befinde.

Föll sieht in der Erweiterung auch ein wichtiges Bekenntnis zum Finanzplatz Stuttgart. Die Finanzbranche sei bereits für rund zehn Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung von fast 40 Milliarden Euro in Stuttgart verantwortlich.

Der wachsende „Finanzcampus“ ist aber nur ein Zeichen des zweiten Entwicklungsschubs in der City Prag. Wie 2003, als neben der damals neuen DaimlerChrysler-Bank das Theaterhaus Stuttgart in die alten Rheinstahlhallen Einzug hielt, ist die Kultureinrichtung diesmal auch wieder mit von der Partie. Ihr Leiter Werner Schretzmeier und Bürgermeister Föll arbeiten an Plänen für einen Theaterhaus-Erweiterungsbau.

Ein Gebäude als Lärm-Puffer

Die Idee kam auf, weil die in der City Prag geplanten Wohnungen Abstand zum Theaterhaus halten müssen. Durch den Lärm, der nachts beim An- und Abfahren der Besucher und Transporter sowie beim Verladen von Geräten und Kulissen entsteht, wäre der zulässige Grenzwert in den Wohnungen sonst überschritten. Wie auch im Fall des Kulturbetriebs Wagenhallen und dem geplanten Rosensteinviertel im Stuttgarter Norden kam daher ein Gebäude als Puffer ins Gespräch.

Anfänglich dachte man an eine Gewerbegebäude. Dann setzte sich die Idee durch, vom Theaterhaus zum Löwentor ausgelagerte Lagerräume und Werkstätten heimzuholen, mit einer Probenbühne und möglicherweise auch Autostellplätze zu kombinieren. In einem Vertrag mit der Stadt ist dem Theaterhaus zugesichert, dass der Betrieb nicht eingeschränkt wird. Nach Fölls Worten geht es aber auch um einen weiteren Veranstaltungssaal. Denn das Theaterhaus hat großen Zulauf und möchte eher mehr Programm bieten, heißt es im Rathaus. Nach Informationen unserer Zeitung werden sich die Neubaupläne auf 20 bis 25 Millionen Euro belaufen. Einen Teil davon soll aber das Land beibringen.

Beim Wohnungsbau will Bülow den Vorreiter spielen. Der geplante Wohnturm, heißt es bei der Bülow AG, könnte bis Ende 2017 fertig werden. Die viergeschossige Tiefgarage dafür wird zusammen mit den Stellplätzen für die neuen Daimler-Büros jetzt schon gebaut. Weitere Wohnbauprojekte von anderen Investoren mit 270 bis 300 Wohnungen sollten ursprünglich 2015 begonnen werden. Das könnte sich jetzt bis mindestens Anfang 2016 verzögern. Schuld daran sind komplizierte Grundstücksverhältnisse.