Ein neues Buch präsentiert 150 Geschichten rund um den Bodensee. Foto: Thorbecke Verlag

Wir stellen drei neue Bücher aus dem Ländle vor: Der Internationale Verein für die Geschichte des Bodensees präsentiert 150 Ereignisse und Anekdoten vom See; Matthias Kehle und Uwe Bogen führen zu Einmaligem in Baden-Württemberg, und Gerd Friederich hat einen neuen Roman geschrieben, der in Stuttgart spielt.

Stuttgart - Stolze 150 Geschichten über den Bodensee: Mit diesem jetzt im Thorbecke-Verlag erschienenen Buch setzt sich der Internationale Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung zu seinem 150-jährigen Jubiläum ein Denkmal. Dabei geben die beiden Herausgeber – Harald Derschka, Historiker an der Universität Konstanz, und Jürgen Klöcker, der Leiter des Stadtarchivs Konstanz – in erfrischender Offenheit zu, dass die Auswahl „subjektiv, unvollständig und unausgewogen“ sei. Dafür biete sie aber „lebendige Skizzen einiger charakteristischer Aspekte“.

Und das tut dieses Buch über Natur und Geschichte des Bodensees tatsächlich. Es wartet mit ganz unterschiedlichen Geschichten auf. So erfährt man zum Beispiel, dass im Dezember des Jahres 1879 am Bodenseeufer bei Rorschach zwei Großtrappen erlegt wurden, also extrem scheue Vögel, die eigentlich in Steppen und weiten Landschaften vorkommen. Spannend ist auch der Bericht über die Brauereien im St. Gallener Klosterplan, der frühesten Darstellung eines mittelalterlichen Klosterbezirks. Bier war für die Mönche gerade in der Fastenzeit wichtig, denn es war als flüssige Nahrung nicht verboten.

Natürlich dürfen die klassischen Kulturthemen nicht fehlen wie beispielsweise der Literatur-Nobelpreisträger Hermann Hesse und seine Heimstatt Anfang des 20. Jahrhunderts in Gaienhofen am Untersee: in einem „lustigen Bauernhäuschen für eine Jahresmiete von 150 Mark“. Oder die Geschichte der Grafen von Montfort, die als „bedeutendstes Hochadelsgeschlecht am Bodensee“ gewürdigt werden.

Besonderen Spaß macht es aber, die teilweise recht kuriosen Geschichten zu lesen, etwa über der Konstanzer Pfennig, die Heidenhöhlen bei Überlingen, den regulären Botenlauf zwischen Lindau und Mailand oder das Stichnäpperli. Dabei geht es um die verbriefte Erlaubnis, während eines Weintransports über den See mit einem Stichnäpperli, einem Spundbohrer, das Fass anbohren und daraus trinken zu dürfen. Natürlich kommt auch die naturwissenschaftliche Erforschung des Sees nicht zu kurz, von den Tiefenmessungen des Grafen Eberhard von Zeppelin bis hin zu den aktuellen Projekten der Seeforscher und Gewässerschützer. Es ist gerade diese bunte Vielfalt, die dieses Buch so lesenswert macht – wobei die informativen Geschichten nicht zuletzt wegen der Beschränkung auf eine Doppelseite ebenso kurzweilig wie unterhaltsam sind.

Harald Derschka/Jürgen Klöckler (Hrsg.):
Der Bodensee. Natur und Geschichte aus 150 Perspektiven, Thorbecke-Verlag, 320 Seiten, 25 Euro.

Matthias Kehle/Uwe Bogen:Einmalig Baden-Württemberg

Gleich zwei Bände eines neuen Formats hat der Tübinger Silberburg-Verlag in diesem Herbst vorgelegt – es heißt „Einmalig“, und in den Büchern soll das Besondere südwestdeutscher Landstriche herausmodelliert werden. Den Auftakt machen „Baden-Württemberg“ in toto von Matthias Kehle und Uwe Bogen sowie „Schwäbische Alb“ von Sabine Ries und Sven Bernhagen.

Es geht dabei nicht um einen Führer für Ausflüge, sondern um ein Lesebuch für lange Winterabende mit kuriosen, legendären und immer irgendwie einmaligen Geschichten. Uwe Bogen und Matthias Kehle erzählen dabei ebenso locker wie detailreich von der ältesten Seilbahn Deutschlands (in Karlsruhe), von der Erfindung der Brezel (in Bad Urach) oder von erfolgreichen Tüftlern, wie Max Himmelheber, der im Jahr 1932 die Spanplatte erfand (in Baiersbronn) und diese patentieren ließ.

Überall suchen die Autoren nach dem Besonderen, in der Geschichte, in der Natur und bei Menschen. Das Zusammengewürfelte ist Programm, gerade aus dem unvermittelten Nebeneinander etwa vom ersten grünen Ministerpräsidenten und dem ersten Menschen überhaupt im Ländle, dem Homo heidelbergensis, ergeben sich amüsante Kontraste. Unterhaltsam, informativ und gegen den Strich gebürstet.

Matthias Kehle / Uwe Bogen:
Einmalig Baden-Württemberg. Kurios, genial und legendär. Silberburg-Verlag, Tübingen 2018, 160 S., Preis 17,99 Euro. (fal)

Gerd Friederich: Verlorene Jahre

Trotz seines irischen Namens stammt der erfolgreiche Rechtsanwald Conor O’Kelly aus Stuttgart. Hier hat er die Hölle auf Erden erlebt. Seine Mutter hatte ihn verstoßen, und die Pflegeeltern demütigten ihn, schlugen ihn und behielten ihn nur, um das Geld vom Jugendamt zu kassieren. Zudem hatte er auch noch einen sadistischen Lehrer. Nun kehrt er nach Jahrzehnten nach Stuttgart zurück, um. . . Ja, um was eigentlich zu tun? Will er seinen Peinigern wenigstens einmal im Leben ins Gesicht sagen zu können, welche Schweine sie waren? Oder will er Rache an ihnen nehmen?

Gerd Friederich, früher selbst Lehrer und längst Autor feinfühliger und feinsinniger Geschichten, erzählt in „Verlorene Jahre“ von wundersamen Wendungen und glücklichen Fügungen, die dem Leser zu Herzen gehen. Denn Conor lernt in Stuttgart zufällig die kleine Anna kennen. Und plötzlich wird alles anders; nichts, was sich Conor vorgenommen hatte, gilt noch. In einem sehr ruhigen, fast distanziert sachlichen Stil schildert der Autor das Leben mehrerer Menschen, die gescheitert sind, aber dennoch wieder aufstanden und dennoch an sich glauben. Das Schöne an diesem Buch ist, dass die Geschichte am Ende gut ausgeht. Friederichs Botschaft lautet: das Leben kann gelingen – trotz allem.

Gerd Friederich:
Verlorene Jahre. Roman. Silberburg-Verlag 2018, 222 Seiten, Preis 12,99 Euro. (fal)