Ein Krankenhausaufenthalt ist selten ein Ort für Lächeln und Leichtigkeit. Zu groß sind oft Angst, Schmerz und Sorgen – gerade auf der Intensivstation. Doch im Ludwigsburger Krankenhaus sorgt ein besonderer Gast dafür, dass der Stress für einen Moment weicht.
Es liegt in der Natur eines Krankenhauses, dass sich viele Menschen darin unwohl fühlen. Da kann das Personal noch so herzlich, die Kunst, die im Flur hängt, noch so schön sein – als kranker, verletzter Mensch oder Angehöriger ist ein Aufenthalt oft mit Ängsten, Stress, Trauer verbunden. Besonders auf der Intensivstation.
Das RKH Ludwigsburg hat ein kurzzeitiges Heilmittel gefunden. Gestatten? Mate. Vier Jahre alt, helles, weiches Fell und die Gabe, nahezu jeden Menschen zum Lächeln zu bringen. Gegen den Charme der Golden-Retriever-Hündin ist man machtlos – und man will es auch nicht anders.
Ein Mal in der Woche kommt Hundeführerin Elke Recktenwald mit Mate in die Klinik und sorgt in 30 bis 45 Minuten dafür, dass sich der Patient und die Angehörigen entspannen. Was dabei passiert, begeistert das gesamte Klinikpersonal. Menschen, die lange lagen, bewegen sich wieder, streicheln Mate oder spielen sogar mit ihr. Angehörige, die in schwierigen Aufklärungsgesprächen Mate an ihrer Seite wissen, sind weniger gestresst. Ärzte, Pflegekräfte und Physiotherapeuten kommen erholter von Terminen mit der Hündin. „Ich bin begeistert, Mate bringt jeden zum Strahlen und man merkt, dass sich ein allgemeines Wohlbefinden einstellt“, sagt die Oberärztin Monica Bürle.
Die Datenlage, wie Therapiehunde auf Patienten im Krankenhaus wirken, ist dünn. Eine Studie der Intensivpflegestation des Princess Alexandra Hospital von Brisbane in Australien belegt jedoch: Die Interaktion mit einem Hund kann Schmerzen, Müdigkeit, Stress und Ängste reduzieren sowie die Stimmung der Patienten, die Realitätsorientierung und ihre Beteiligung an der Pflege und Behandlung verbessern. Elke Recktenwald hat mit ihrer Hündin beim DRK Ludwigsburg eine zweijährige Ausbildung absolviert. Mate bleibt immer entspannt, wird nie aggressiv und hat ein verlässlich gutes Gefühl dafür, wann Menschen Angst haben, Patienten Ruhe brauchen oder Angehörige gestresst sind. Richtige Arbeit, die sich danach zeigt. Nach einem Besuch im Krankenhaus braucht die Hündin meistens Ruhe, während ihre Besitzerin mit dem Klinik-Team den Einsatz nachbespricht.
Mate darf nicht direkt auf die Intensivstation – aus Hygiene-Gründen
Jaqueline Widmaier, Fachkrankenpflegerin für Anästhesie und Intensivpflege, hat die Zusammenarbeit mit der Ehrenamtlichen vom DRK initiiert. Sie selbst sei eine „Hundeschisserin“ – die professionelle Beschäftigung mit Mate sei für sie therapeutisch gewesen. Überzeugungsarbeit im Team habe es nicht gebraucht, aufwendig hingegen sei das Hygiene-Konzeptn, das die Klinik dem Gesundheitsamt vorlegen muss.
Mate darf nicht direkt auf die Intensivstation und keinen Kontakt mit dem Patientenbett haben. Das bedeutet, die Patienten werden teils voll verkabelt in einem Transportstuhl in einen Besucherraum gebracht. Die Hündin ist geimpft, wird regelmäßig auf Keime getestet und bekommt kein rohes Fleisch zu fressen. Nach einem Termin mit ihr wechselt das Ärzte- und Pflege-Team sich selbst und dem Patienten die Kleidung.
„Jeder Moment mit Mate und den Patienten ist besonders"
Mehraufwand, der sich lohnt. „Den Kollegen geht das Herz auf, die kommen viel entspannter aus dem Zimmer raus“, sagt Gabriele Glaninger, Bereichsleiterin Pflege. Darüber hinaus sei das nach vielen Negativschlagzeilen über die finanzielle Lage des Krankenhauses eine positive Nachricht über die gute, innovative Pflege im RKH.
Ein Tag, bevor Mate ihren wöchentlichen Besuchsdienst antritt, entscheidet sich das Ärzte- und Pflegeteam für einen Patienten. „Früher geht nicht, weil die Patienten auf der Intensivstation so krank sind, dass sich innerhalb eines Tages ihr Zustand verändern kann“, erklärt Monica Büler. Vor dem Besuch wird mit Angehörigen und Patienten abgesprochen, ob sie Angst vor Hunden haben oder eine Allergie. Bis November sind Termine mit Mate eingeplant, und für alle Beteiligten ist jetzt schon klar: Die Hündin soll bleiben.
„Ich hab einfach eine große, innere Freude in mir und das spürt Mate“, sagt ihre Besitzerin Elke Recktenwald. Jeder Moment mit Patienten sei besonders.