Entstehen soll das Projekt auf einem städtischen Grundstück am Ende der Kornblumenstraße in Bonlanden. Foto: Caroline Holowiecki

Die erste Baugemeinschaft Filderstadts hat ihre Arbeit aufgenommen. Auf einem städtischen Grundstück soll gebaut werden. Gelingt der Traum von günstigem Wohnen?

Visualisierungen gibt es. Zwei dreigeschossige Baukörper in ökologischer Holzhybridbauweise sind geplant, V-förmig angeordnet und miteinander verbunden, mit Laubengängen, die sich zugewandt sind. Auf dem Dach sollen in einem Staffelgeschoss ein Gemeinschaftsraum und eine Terrasse Platz finden. Von dort hat man sicherlich einen tollen Blick über Bonlanden, auch urbanes Gärtnern kann sich die Interessensgruppe „Kornblume“ vorstellen. So nennt sich die erste Baugemeinschaft Filderstadts, der Name ist angelehnt an die Kornblumenstraße, an deren Ende etwas Neues entstehen soll. In der Planungsgemeinschaft haben sich Privatleute aus der Stadt und die Genossenschaft „Pro… gemeinsam bauen und leben“ aus Stuttgart zusammengetan, unterstützt werden sie vom Architekten Christoph Forster aus Tübingen. Sie alle wollen auf einem städtischen Grundstück zwischen der Kornblumen- und der Rauhstraße innovativen Wohnraum schaffen.

 

Das Grundstück wurde in Erbpacht zur Verfügung gestellt

Das Ganze geht auf einen Wettbewerb der Stadt zurück. Interessierte konnten ihre Konzepte einreichen, Vorgaben gab es aber auch. Klar war, dass auf der mehr als 1200 Quadratmeter großen Fläche ein Mehrgenerationenhaus entstehen soll, zudem bestand die Stadt auf zwei- bis drei Vollgeschossen, Tiefgaragenstellplätzen, gemeinschaftlich nutzbaren Flächen und Barrierefreiheit. Das Grundstück wurde dafür in Erbpacht zur Verfügung gestellt. Bereits 2022 fand eine Veranstaltung für Interessierte statt. Die Ausschreibungsphase lief 2023. Währenddessen fand eine Projektbörse statt, bei der sich Interessierte vernetzen konnten. Hartmut Richter beispielsweise ist in der Phase zu „Kornblume“ stoßen. „Ich habe mich spontan angesprochen gefühlt“, sagt er heute.

Das nun geplante Doppel-Gebäude soll in ökologischer Holzhybridbauweise als Null- oder Plusenergiegebäude entstehen. Nicht nur das hat Stadt und Gemeinderat von Anfang an überzeugt. „Die Grundrisse sind so durchdacht, dass eine Gemeinschaft entstehen kann“, sagte Anja Stukelj vom Amt für Stadtplanung und Stadtentwicklung bei der Konzeptvergabe im Frühjahr 2024. Ihr Chef, der Amtsleiter Bernd Lahr, nannte das Vorhaben ein „mutiges Experiment“ und „etwas, das Filderstadt guttut“. Die Art und Weise, wie alles entstehe, bringe ein hohes Maß an Identifikation der künftigen Nutzer. Auch Bürgermeister Falk-Udo Beck sprach von einem Musterprojekt. Filderstadt habe ein großes Wohnungsdefizit, „da müssen wir nach neuen Wegen suchen“.

Die Stimmung ist gelöst und freundschaftlich

Alle zwei Wochen tagen die Akteurinnen und Akteure. Seit 2022 hat sich die Konstellation verändert, Leute sind ausgestiegen, andere hinzugestoßen. „Der Kern sitzt hier“, sagt Michaela Kroschel lächelnd. Sie freut sich, dass ihre guten Bekannten, das Ehepaar Susanne und Günther Alber, dabei sind. Überhaupt ist die Stimmung gelöst und freundschaftlich. Man habe sich gut kennengelernt. „Das schweißt ganz anderes zusammen“, sagt Magnus Geibel von „Pro“. Michaela Kroschel betont: „Man braucht eine Vision.“ Das Ziel aller: generationenübergreifendes, nachhaltiges und gemeinschaftlich orientiertes Wohnen. Künftige Eigentümer und Mieter werden aktiv in den Gestaltungsprozess einbezogen. „Die Idee hat jeder für sich, wie lebt man, wenn man älter wird?“, sagt Michaela Kroschel. Hartmut Richter nickt. Er ist alleinstehend, und die Frage, wer sich später mal kümmert, habe ihn umgetrieben. Das jetzige Konzept gebe ihm „ein gutes Gefühl“

Noch ist vieles im Werden. Ob es letztlich 14 oder 17 Wohneinheiten werden, ist aktuell noch ebenso flexibel wie die Konstellation in der Baugemeinschaft, denn auch Familien sollen noch zum Zug kommen. „Wir Älteren gehen in die Vorleistung, die Jüngeren haben oft nicht die Geduld“, erklärt Magnus Geibel. Michaela Kroschel sagt: „Noch kann man mitgestalten.“

Was allen Beteiligten allerdings unterwegs klar geworden ist: Den Traum vom wirtschaftlich günstigen Wohnen müssen sie begraben. „Wir versuchen es“, sagt Günther Alber, doch die Baukosten seien so hoch, dass sich spätere Mieten im unteren Segment nicht bewerkstelligen ließen. „Man kann aktuell nicht günstig realisieren“, betont der Architekt Christoph Forster. Immerhin ein großer Kostenblock entfällt. „Der Vorteil ist, dass wir das Grundstück nicht kaufen müssen“, sagt Günther Alber.

Der Gemeinderat hat vor der Sommerpause den Weg freigemacht für ein vorhabenbezogenes Bebauungsplanverfahren. „Wir wünschen uns, dass die Gemeinde flott vorangeht in der Schaffung des Baurechts“, sagt Magnus Geibel. Klappt alles, wie es sich die Baugemeinschaft vorstellt, könnte im Frühjahr 2027 der Baubeginn sein. Das Bauen selbst werde dann etwa 18 Monate dauern.

Wer baut?

Genossenschaft
In der Interessensgruppe Kornblume haben sich nicht nur Privatleute aus Filderstadt zusammengetan, sondern auch die Genossenschaft „Pro… gemeinsam bauen und leben“ aus Stuttgart. Sie besteht seit 1999 und begleitet Baugemeinschaften, berät sie in rechtlichen oder wirtschaftlichen Fragen. Im Fall von „Kornblume“ ist sie aber auch Mitgesellschafter.

Baugemeinschaften
Seit 1999 sind laut Magnus Geibel von „Pro“ etwa 18 Baugemeinschaften im Großraum Stuttgart begleitet worden. Wer mehr über „Kornblume“ erfahren und vielleicht sogar einsteigen möchte, kann sich an „Pro“ wenden. Mehr auf www.pro-wohngenossenschaft.de.