Das Space-Shuttle als auffaltbares Kunstwerk. Foto: Gottfried Stoppel

Bis Mitte September werden im Museum im Hirsch Pop-up-Bücher gezeigt. Das älteste Exemplar stammt aus dem Jahr 1864 und zeigt Kasperls Leben und Wirken. Aber auch die Titanic, ein Meter langes Space Shuttle oder eine ganze Ritterburg zum Spielen entfalten sich aus unscheinbaren Büchern.

Remshalden - Eigentlich ist es ein Jammer, dass die Bücher in ihren Glasvitrinen bleiben müssen. Denn bei jedem Umblättern springt dem Betrachter ein neues kleines Kunstwerk entgegen. Bei Moby Dick, dem ersten Werk des amerikanischen Papieringenieurs Sam Ita, entfaltet sich ein beeindruckendes Segelschiff samt Takelage. Bei der Arche Noah des Franzosen Camille Baladi wandern filigrane Giraffen in Richtung Boot. Der Esslinger Schreiber-Verlag hat einen botanischen Garten gestaltet, in dem ein Pfleger dem Tiger ein Fleischstück durch die Gitter. Und Ron van der Meer lässt in seinem Architektur-Fachbuch ein römisches Theater im wahrsten Sinne des Wortes auferstehen.

Häschenschule und Infanterieangriff

„Die Welt ist nicht flach...warum sollten es Bücher sein?“, hat der niederländische Papieringenieur einmal gesagt. Diesem Zitat schließt sich Christel Fezer an: „Alles um uns herum ist dreidimensional. Wahrscheinlich sprechen uns deswegen Pop-up-Bücher so sehr an. Und vielleicht auch, weil sie die Fantasie anregen“, sagt die Vorsitzende des Heimatvereins Buoch. Sie selbst wurde vor einigen Jahren durch eine Parfumwerbung mit Pop-up-Elementen dazu inspiriert, sich näher mit dem Thema zu beschäftigen: „Bei dieser hat sich ein Fächer entfaltet. Das hat mich so fasziniert, dass ich die Werbung immer noch habe.“

Für die Ausstellung im Museum im Hirsch hat sie Bücher von etwa zehn Sammlern geliehen bekommen, darunter einige des Schreiber -Verlags in Esslingen. „Der Verlag hat in den 1930er Jahren eine neue Technik entwickelt, die er Stehauf-Bilderbücher nannte“, erzählt sie. Derart wurde nicht nur die bekannte Häschenschule dargestellt, sondern auch Szenen wie ein Infanterieangriff oder eine Flussüberquerung von Soldaten.

Zu den entfalteten Walen ertönt der passende Gesang

Bücher, bei denen man durch Drehen, Ziehen oder Aufklappen die Szenen verändern konnte, gab es aber schon früher. Das älteste Exemplar der Ausstellung ist von 1864 und ist eine seltene Originalausgabe von „Kasperls Leben und Wirken“. Zieht man an Laschen, wird der Kasper verhauen. Großen Anteil an der Entwicklung der Pop-up-Bücher nach dem zweiten Weltkrieg hatte der Tscheche Voijtech Kubasta. Er schuf insgesamt hundert Pop-up-Meisterwerke, darunter seine berühmten Märchenbücher. Dass Verwandlungs- oder Spielbilderbücher nichts von ihrer Wirkung verloren haben, sondern im Gegenteil im weiter entwickelt werden, auch davon können sich die Besucher überzeugen. Bei „Zauberklang der Meere“ entfalten sich nicht nur Möwen oder Wale, der Leser bekommt auch noch Möwengeschrei und Walgesänge mitgeliefert. Ein Karussellbuch zum Thema Ritterburg lässt sich komplett aufklappen, so dass mit kleinen Papierfiguren in einer richtigen Burg gespielt werden kann. Und das aufklappbare Space Shuttle misst mehr als einen Meter und ist sogar mit einem Satelliten verbunden. „Ich denke, dass die Ausstellung auch für Kindergärten und Schulen sehr interessant sein könnte“, sagt Christel Fezer. In jeder Vitrine können die Betrachter in eine andere Papierwelt eintauchen – allerdings nur von außen. „Die Bücher sind einfach zu empfindlich, so schade es auch ist.“