Den Überblick bewahren: Auszubildender Lukas Röhrich (re.) lässt sich die Arbeit am Laserresonator erklären. Foto: Lichtgut/Ines Rudel

Das neue Ausbildungsjahr beginnt, und noch immer sind viele Firmen auf der Suche nach Auszubildenden – und umgekehrt. Im Zuge der Digitalisierung neu entstandene Berufsfelder bieten große Chancen für junge Leute. Zum Beispiel die Produktionstechnologie.

Ditzingen - Die Vernetzung liegt bei Trumpf unter der Erde. Ein zwei Kilometer langes Gewirr aus langen, unterirdischen Gängen verbindet eine Fabrikabteilung mit der anderen. Ab und an kommt ein kleines Fahrzeug vorbei, mit dem einzelne Maschinenteile transportiert werden. „Hier spielt sich das Leben ab“, sagt Lukas Röhrich. Auch sein Leben. Als angehender Produktionstechnologe ist er unterwegs zwischen allen Abteilungen des Werkzeugmaschienenbauers – als kommunikativer Vernetzer sozusagen. Der 20-Jährige geht ein paar Treppenstufen hoch, schiebt eine schwere Tür auf und steht in einer riesigen Fabrikhalle. Hinter Glasscheiben arbeiten hier Männer und Frauen in blauen Ganzkörperanzügen, montieren Laser auf silberne Metallklötze. Die Lasermontage wird die nächste Lehrstation für den Auszubildenden sein.

Röhrich lernt bei dem Technologieunternehmen Trumpf einen der neuesten und wohl trendigsten Berufe in der Industrie. „Bis ich hier zum Bewerbungsgespräch saß, hatte ich von der Ausbildung zum Produktionstechnologen noch nie etwas gehört“, sagt Röhrich. Statt Mechatroniker, so der Vorschlag der Ausbildungsleiter damals, solle er doch Produktionstechnologe werden. Und so lernt Röhrich nun neben technischen Grundfertigkeiten wie Löten oder Fräsen auch, wie Produktionsabläufe vorbereitet, geplant und optimiert werden. Und das alles in einem immer stärker digital vernetzten Unternehmen.

“Durch das Thema Industrie 4.0 gibt es einen starken Hype um den Beruf“

Seit 2008 werden in Ditzingen Produktionstechnologen ausgebildet – genauso lange gibt es die Berufsausbildung. Bundesweit ist Trumpf damit eine von bislang nur etwa 50 Ausbildungsstellen mit 146 Auszubildenden. Im Vergleich dazu wurden 2014 bundesweit 26 161 Mechatroniker ausgebildet. „Der Produktionstechnologe war seiner Zeit voraus“, sagt Michael Assenmacher, Ausbildungsreferent beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Viele Unternehmen entdecken das Berufsfeld erst noch: Bosch beispielsweise bildet in dem Bereich erstmals ab diesem September aus.

Das werde zunehmen, sagt Andreas Schneider, Ausbildungsleiter bei Trumpf. Er sitzt in einem Glaskastenbüro. Nebenan, im Ausbildungsraum, stehen ein paar junge Leute mit Schutzbrillen an Maschinen und fräsen Metallteile. Noch sind das überwiegend Mechaniker und Mechatroniker – nur zwei Produktionstechnologen werden momentan ausgebildet. Das wolle man ausbauen, sagt Schneider. „Durch das Thema Industrie 4.0 gibt es momentan einen starken Hype um den Beruf“, so Schneider. „Das hängt mit einer immer stärkeren Digitalisierung in den Firmen zusammen.“

Denn: Die Grundaufgabe eines Produktionstechnologen im Anlagen- und Maschinenbau ist es, mehr und mehr digitale Prozessabläufe in immer globaler arbeitenden Firmen zu überblicken. Weil dafür nicht nur handwerkliche oder technische Fähigkeiten nötig sind, sondern vor allem auch organisatorische Kompetenz und Kommunikationsfähigkeit, spricht der Ausbildungsberuf auch viele Bewerber mit Abitur an, erklärt Schneider – so wie Lukas Röhrich.

Produktionstechnologen überblicken Abläufe in global agierenden Unternehmen

„Inzwischen studiert jeder“, sagt der angehende Produktionstechnologe. Das wollte er anders machen. Schon als er klein war, baute Röhrich Modell-Segelschiffe auf dem Wohnzimmerboden, später programmierte er Roboter mit einem Baukasten von Lego. Heute steht der junge Mann in der Lasermontage an einem Bildschirm mit bunten Knöpfen. Damit kann er die Bewegungen eines Lasers simulieren, der später einmal dicke Metallbleche schneiden soll. „Bei der Ausbildung kann ich praktisch arbeiten und nicht nur theoretisch lernen, wie es funktionieren soll“, sagt er. Dass er irgendwann noch ein Studium aufnimmt, will er trotzdem nicht ausschließen. Trumpf würde ihn dafür nach der Ausbildung freistellen.

Erst einmal lernt Röhrich nun aber die einzelnen Produktionsbereiche bei Trumpf nacheinander kennen: Von der Blechfertigung bis zur Lasermontage. Später einmal wird er dann die gesamte Produktionskette der Werkzeugmaschinen überwachen. Er wird darauf achten, dass die zeitliche Taktung der einzelnen Schritte genau eingehalten wird, dass die Lagerbestände passen und dass die Maschinen pünktlich an die Kunden geliefert werden.

„Ich habe sozusagen den Überblick“, sagt Röhrich. Einzelne Produktionsschritte vorbereiten – das hat schon sein Großvater 20 Jahre lang gemacht, erzählt er. „Durch die Digitalisierung bekommt die Produktion hier aber einfach ganz andere Dimensionen.“ Denn zunehmende Vernetzung spielt sich bei Trumpf nicht nur in den langen, unterirdischen Gängen unter der Gerlinger Hauptstraße ab, sondern überall auf der Welt: „Ich bekomme als Produktionstechnologe sehr viel vom globalen Handeln der Firma mit“, sagt Röhrich, „zum Beispiel, dass nicht nur Kleidungsstücke die ganze Welt umrunden, sondern auch die riesigen Maschinen von Trumpf.“