An der Reutlinger Straße, oberhalb vom Penny-Markt, entsteht ein Ärztehaus Foto: Häusser

Der Filderstädter SPD-Stadtrat Walter Bauer wirft seinem Kollegen Matthias Weinmann von den Freien Wählern vor, einen Judaslohn bekommen zu haben. Er stellt dann aber klar, dass er niemand der Vorteilsnahme bezichtigen wolle.

Sielmingen - Die Argumente waren eigentlich schon x-mal ausgetaucht worden. Trotzdem ergriff SPD-Fraktionschef Walter Bauer im Gemeinderat das Wort und geißelte den Bau eines Ärztehauses an der Reutlinger Straße. „Es ist ein starkes Stück, wenn man das so passieren lässt“, sagte er und kritisierte vor allem den Landverbrauch.

Ute Weinmann (Grüne/FFL) blies ins gleiche Horn. Die Lärmsituation an der viel befahrenen Straße lasse eigentlich gar keine Bebauung zu. „Das ist eine unsinnige Stelle“, sagte sie und erklärte, dass ein Ärztehaus in den Ortskern gehöre.

Dem widersprach Willy Stoll (CDU). „Für mich ist das immer noch ein guter Platz“, sagte er zu dem Standort an der Reutlinger Straße. „Mit dem Ärztehaus wird eine Baulücke innerorts geschlossen.“ Die SPD-Kritik am Landverbrauch wurmte offenbar vor allem Matthias Weinmann (FW). Er griff im Gegenzug die Sozialdemokraten an. Beim Obersielminger Friedhof habe die SPD-Fraktion dem Bau eines Industriebetriebs zugestimmt, obwohl dort deutlich mehr Bäume betroffen gewesen seien als beim Ärztehaus.

Walter Bauer wehrt sich

„Es war sinnvoll, beim Friedhof einen Steinmetz anzusiedeln“, verteidigte sich Walter Bauer. Beim geplanten Ärztehaus gehe es aber nur darum, private Flächen zu vermarkten. „Es ist schade, dass sie als Landwirt da mitmachen“, sagte er zu Weinmann und fügte hinzu, dass es beschämend sei, wenn dies für einen „Judaslohn“ geschehe.

Daraufhin kam große Unruhe im Saal auf: Matthias Weinmann und Willy Stoll waren außer sich. Bürgermeister Andreas Koch, der die Sitzung leitete, brachte nur langsam wieder Ruhe in die Debatte.

Bauer sagte, er habe keinem Stadtrat unterstellen wollen, dass er Vorteile aus der Sache ziehe. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Johannes Jauch kritisierte die Wortwahl des SPD-Fraktionschefs und sagte: „Das ist daneben.“ Richard Briem (FW) pflichtete ihm bei: „Judaslohn ist hier ein unangemessener Begriff“.

Die folgende Abstimmung brachte keine Überraschungen. Mit 17 zu 14 Stimmen wurde der Satzungsbeschluss für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Ärztehaus gefasst. Damit steht dem Bau des 15,50 Meter hohen Gebäudes, das drei Praxen Platz bieten soll, nichts mehr im Weg. Zwischen dem neuen Ärztehaus und dem Penny-Markt gibt es noch Baufenster für zwei weitere Gebäude in der Größe des Ärztehauses.

Keine Entschuldigung

Der Tagesordnungspunkt war damit abgearbeitet, der Vorwurf Bauers, dass ein Judaslohn gezahlt worden sei, war jedoch offensichtlich noch nicht vom Tisch. FW-Fraktionschef Rolf Kurfess verlangte unter „Verschiedenes“ von Bauer, dass er seine Äußerung nochmals klarstellen solle. „Ich habe kein Mitglied des Gemeinderats desavouieren wollen“, sagte Bauer daraufhin. Er wundere sich allerdings, dass ein Mitglied der Landwirtschaft für die Bebauung sei, die umgangssprachlich gern als „fünfte Fruchtfolge“ bezeichnet werde.

Auch nach dieser Erklärung scheint die Sache noch nicht bereinigt zu sein. Matthias Weinmann sagte auf unsere Anfrage, dass er sich durch Bauers Äußerung beleidigt fühle. „Ich finde es nicht passend, dass ausgerechnet ein Pädagoge solche Ausdrücke verwendet.“ Bauer habe sich bisher nicht bei ihm entschuldigt. Deshalb werde er überlegen, ob er rechtliche Schritte gegen den SPD-Fraktionschef einleite.