Die Schülerzahlen an den Sonderpädagogischen Bildungszentren in Sindelfingen explodieren förmlich, ein Neubau soll her: dennoch vertagt das zuständige Gremium erst mal eine Entscheidung.
Grundsätzlich hat am Dienstagnachmittag Einigkeit im Verwaltungs- und Finanzausschuss des Landkreises Böblingen über die Erweiterung der Sonderpädagogischen Einrichtungen in Sindelfingen geherrscht. Dennoch wurde das Thema einstimmig vertagt, da eine Ortsbegehung noch nicht in die Vorberatungen des vorgeschalteten Jugendhilfe- und Bildungsausschusses eingeflossen war. „Wir wollen gemeinsam eine Lösung finden, aber nichts übers Knie brechen“, fasste Landrat Roland Bernhard die Stimmung im Gremium nach kurzer Beratung zusammen.
Weniger die in die Jahre gekommenen Gebäude als vielmehr die explodierenden Schülerzahlen machen den Verantwortlichen der drei Einrichtungen in der Sindelfinger Sommerhofenstraße – Bodelschwinghschule, Winterhaldenschule und Sprachheilschule – zu schaffen. Vor 50 Jahren für 70 bis 80 Schüler gebaut, besuchen allein die Winterhaldenschule jetzt rund 180 Schülerinnen und Schüler, berichtete deren Rektorin Alexandra Fritz.
Rektorin: Der Spagat ist kaum mehr zu stemmen
„Der Spagat ist kaum mehr zu stemmen“, sagte Fritz angesichts der von sechs auf bis zu neun gestiegenen Klassenteiler mit ganz unterschiedlich beeinträchtigten Kindern und Jugendlichen zwischen Rollstuhl und geistiger Behinderung. Differenzierungsflächen fehlten und auch der Brandschutz sei ein großes Thema. „Wir haben immer mehr Kinder mit schweren Einschränkungen, das geben unsere Anlagen auch sanitär nicht her“, führte die Schulleiterin weiter aus, „wenn nichts passiert, weiß ich nicht, wie es weitergehen soll.“
„Wir sind als Schulträger gefordert“, hat auch Landrat Bernhard ganz deutlich erkannt. Eine Machbarkeitsstudie über aktuelle und zukünftige Flächenbedarfe ermittelte: 6400 Quadratmeter stehen aktuell für die drei Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) zur Verfügung, benötigt würden aber 11 800 Quadratmeter und damit fast das Doppelte, da auch in den kommenden Jahren von weiter ansteigenden Schülerzahlen auszugehen sei. Neben den 181 Schülerinnen und Schülern in 24 Klassen an der Winterhaldenschule sind es derzeit 84 in zwölf Klassen an der Bodelschwinghschule und 163 in 14 Klassen an der Sprachheilschule.
Neubau der Sprachheilschule ist eine Option
Um seiner gesetzlichen Pflichtaufgabe eines angemessenen und bedarfsdeckenden Raumangebotes für seine SBBZ auch zukünftig Rechnung tragen zu können, sind weitere Flächen dringend nötig. Der Bedarf ist auf der vorhandenen, bereits dicht bebauten Fläche nicht komplett zu realisieren. Als zielführende Variante favorisiert die Verwaltung die Ausgliederung der Sprachheilschule mit einem Neubau an anderer Stelle.
„Die Schüler der Sprachheilschule unterlägen in aller Regel keinen körperlichen und geistigen Einschränkungen, was einen weitgehend normalen Grundschulneubau ermögliche. Realisiert werden könne dieser auf dem Goldberg, wo die evangelische Kirchengemeinde im Zuge der Verkleinerung ihres Immobilienbestandes ein günstig am dortigen Schulzentrum gelegenes Grundstück dem Landkreis in Erbpacht überlassen könnte.
20 Millionen Euro sind für den Bau vorgesehen
Erbbauzinszahlungen von rund 2,8 Millionen Euro für mindestens 50 Jahre taxiert die Sitzungsvorlage, dazu Planungskosten von 300 000 Euro im kommenden Jahr und 20 Millionen Euro für den möglichen Bau in den Jahren 2026 bis 2028. Die Vertagung bei dennoch grundsätzlicher Zustimmung zur Erweiterung der SBBZ sei eine „gute Grundlage für weitere Beratungen im Jugendhilfe- und Bildungsausschuss“, war sich die Runde von AfD-Rat Hannes Ernst bis zur Grünen Heidrun Behm völlig einig.