So sah der Siegerentwurf für die Theaterhauserweiterung aus. Nun soll kleiner und ohne die Spielstätte für die freie Szene geplant werden. Foto: Visualisierung: Büro Studio PFP

Der Erweiterungsbau am Theaterhaus soll kleiner ausfallen und wird ohne die Räume für die freie Szene geplant. Die wünscht sich nun ein eigenes Haus mit mehr Flexibilität.

Angestoßen vom bundesweit aufgelegten „Tanz-Pakt“-Förderprogramm fließen die Mittel für freie Bühnenkünstlerinnen und -künstler in Stuttgart heute üppiger und haben ihr Ziel nicht verfehlt: Die freie Tanz- und Theaterszene ist sichtbarer und auf vielen Bühnen aktiv, sie verfügt über personell besser ausgestattete Trägervereine und hat nicht nur finanzielle Rückendeckung von der Stadt. Nur eigene Proben- und Aufführungsräume fehlen nach wie vor.

Wie gemeldet, wird der Erweiterungsbau für das Theaterhaus kleiner und nicht mehr wie bislang mit einer Spielstätte für die freie Szene geplant. „Wir haben gemerkt, dass es bei den Nutzern andere Prioritäten gibt“, erklärt Kulturbürgermeister Fabian Mayer auf Nachfrage und betont weiter: „Wir hätten gegen den Willen der Nutzer diese Änderung niemals vorgeschlagen.“

Neue Gespräche über Raumbedarf

Der Ausschuss für Kultur und Medien wird deshalb eine Vorlage beraten, die der Gemeinderat noch diese Woche beschließen soll. Ziel ist es, Gespräche der Kulturverwaltung mit der Vertretung der freien Tanz- und Theaterszene (FTTS) über deren Raumbedarf zu ermöglichen und sie bei der Suche, Anmietung und Finanzierung zu unterstützen. Mögliche zusätzliche Kosten sollen dann in die Haushaltsberatungen 2024/25 einfließen.

„Man muss diese Situation als Chance für alle sehen“, sagt Laura Sommerfeld. Die Geschäftsführerin des Produktionszentrums für Tanz und Performance deutet an, dass die freie Szene Bedürfnisse habe, die sich in der Spielstätte am Theaterhaus nicht allen Erwartungen entsprechend hätten umsetzen lassen.

Wunsch nach multifunktionaler Bühne blieb unerfüllt

Rechtliche Vorgaben, so heißt es in der Beschlussvorlage, übten sich „einschränkend auf die Flexibilität der Bespielungsmöglichkeiten“ aus. Die freie Szene, die sich in steter Transformation befinde, brauche Lösungen für ihre Proben und Produktionen, „die Experimente zulassen“. Wie FTTS-Geschäftsführer Thomas Guggi erklärt, kollidierte der Wunsch nach einer multifunktionalen Bühne mit Brandschutz und Fluchtszenarien. Am Ende stand ein fester Bühneneinbau, der auch in der Größe nichts mehr mit den ursprünglichen Wünschen zu tun hatte. Diesen Vorbehalt habe man noch vor der Bauantragstellung im Herbst 2022 vorgetragen.

„Wir haben von Anfang an gehadert mit der Dimensionierung des Vorhabens, das nur von Kompromissen begleitet war“, sagt Guggi. „Inzwischen haben sich viele Parameter geändert.“ Damit spielt der FTTS-Geschäftsführer auch auf die stark gewachsene Szene an. Den Wunsch nach Autonomie, besserer Sichtbarkeit durch ein eigenes Haus und der Entkoppelung von Dritten sieht er durch die geänderten Überlegungen aus dem Theaterhaus, die nun auch auf die freie Szene zurückfielen, bestätigt. „Das alternative Vorhaben des Theaterhauses zum Ergänzungsbau, das einen Bruch mit der bisherigen Planung darstellt, wurde uns erst mit dem Presseartikel vom 4. Mai bekannt“, so Guggi.

Schneller im eigenen Haus?

Thomas Guggi ist es wichtig, dass die für den Ergänzungsbau am Theaterhaus eingeplanten Mittel nicht verloren gehen und der freien Szene weiterhin zur Verfügung stehen, um den Wunsch nach einem eigenen Haus zu realisieren. „Die Kulturverwaltung hat die freie Szene und ihren Bedarf im Blick“, ist sich Laura Sommerfeld sicher. Kulturbürgermeister Fabian Mayer verweist auf die Chancen der neuen Planung: „Wir bekommen so eine schnellere Lösung für die freie Szene“, stellt er einen Einzug vor 2027 in Aussicht, der Immobilienmarkt habe sich gerade im Bereich von Büro- und Mehrzweckgebäuden entspannt. Eine konkrete Liegenschaft sei bereits in der Diskussion.

Die sieht Thomas Guggi aber lediglich als Interimslösung und befürchtet, dass nun wieder Zeit verloren gehe. „Wir begrüßen den Vorschlag der Kulturverwaltung, Mittel für eine kurz- und mittelfristige Anmietung von Flächen für die freie Szene bereitzustellen, um dem akuten und eklatanten Mangel an Aufführungs- und Proberäumen zu begegnen“, erläutert Guggi. „Das ersetzt aber nicht die zwingende Notwendigkeit eines eigenen Hauses, das bundesweit strahlt und dauerhaft eine Verortung der freien Szene ermöglicht.“