Das neue Haus für das Varieté ist seit wenigen Tagen im Bau Foto: Leif Piechowski

Das auf den Pragsattel beim Theaterhaus umsiedelnde Friedrichsbau-Varieté benötigt voraussichtlich eine weitere Finanzspritze der Stadt. Die Alternative ist, ein Ersatzzelt für gut zwei Monate aufzustellen.

Stuttgart - Seit Montag sind Handwerker auf dem Pragsattel damit beschäftigt, das neue Fertigteil-Domizil des Varietés, in dem 342 Zuschauer Platz finden, zusammenzubauen. In wenigen Tagen soll die Hülle der neuen Spielstätte stehen. Die Premiere im neuen Haus wird dennoch nicht wie geplant am 7. November stattfinden können. Wegen des fehlenden Fundaments konnte mit dem Fertigbau zu spät begonnen werden. Durch die Verzögerung kommt das privat Theater erneut in erhebliche Finanznöte.

In einem Brandbrief an alle Stadträte haben die Geschäftsführer Gabriele Frenzel und Timo Steinhauer das Dilemma aus ihrer Sicht offen gelegt. Selbst wenn mit zusätzlichen Handwerkern und vielleicht Nachtarbeit eine Eröffnung Ende November zu schaffen sein sollte, „ist es uns nicht möglich, die ausgefallenen Spieltage ohne finanziellen Ausgleich aufzufangen“, so die Verantwortlichen.

Die zweite Möglichkeit wäre, vom 7. November bis zum 24. Januar ein Theaterzelt aufzustellen. Die drei Monate würden den Betrieb aber 120 000  bis 150 000 Miete Euro kosten, die er nicht hat.

Stadtverwaltung und Gemeinderat haben dem Varieté nach der Kündigung der langjährigen Spielstätte im Friedrichsbau durch die L-Bank zur Existenzsicherung einen einmaligen Baukostenzuschuss in Höhe von 450 00 Euro gewährt. Dazu kommen der fünfjährige Verzicht auf eine Pacht für das Grundstück beim Theaterhaus und eine Bürgschaft für einen Kredit in Höhe von einer Million Euro. Ihn will das Theaterhaus innerhalb von zehn Jahren getilgt haben.

„Wir sind der Stadt sehr dankbar für diese Hilfen“, sagt Steinhauer, der auch die Unterstützung durch das Baurechtsamt lobt. Sand ins Getriebe brachte dann aber aus Sicht der Theaterleute das städtische Liegenschaftsamt. Es habe für den Auftrag zum Fundamentbau zu lange gebraucht. Das neue Theater hätte vom 23. Juni an aufgestellt werden sollen.

Der komplette Zeitplan sei damit hinfällig. Die Architekten Thomas Tafel und Ingo Schultz versuchten, die Arbeiten nun wo noch möglich zu beschleunigen. Allerdings setzt die Technik Grenzen, denn nach dem Aufbau muss der Boden gegossen werden. Trocknungszeiten sind einzuhalten, um Schäden zu vermeiden.

Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU), zuständig auch für das Liegenschaftsamt, will die Verantwortlichkeiten der Verwaltung klären. „Ich muss beide Seiten hören. Jede Äußerung zum jetzigen Zeitpunkt wäre unfair“, sagte er am Mittwoch. Vielleicht könne für den Boden ein Provisorium geschaffen werden. „Wir sind gesprächsbereit“, sagt Föll.

Eine Zusage für weitere Finanzhilfe ist das nicht. Die SPD-Gemeinderatsfraktion sieht das Varieté durch die Bauschwierigkeiten erheblich in Bedrängnis. Statt Erträgen müsse das Theater wohl Einnahmeausfälle in wohl sechsstelliger Höhe erwarten. Damit könnte eventuell der Kredit nicht mehr bedient werden, und die Ausfallbürgschaft der Stadt würde fällig werden. So weit will Steinhauer nicht gehen. Klar sei aber, dass so bald wie möglich ein neuer, verbindlicher Eröffnungstermin genannt werden müsse. Jetzt im August reservierten Firmen für ihre Weihnachtsfeiern. Diese brächten erhebliche Einnahmen.