Schauspielerbesuch zur Eröffnung des Schreibsalons: Jochen Striebeck, Dinah Hinz, Andrea Richter und Knut „Hajo Scholz“ Hinz (von links) Foto: Karin Mühlenberg

Die Biografin Andrea Richter hat in der Schwarenbergstraße einen Schreibsalon eröffnet, in dem sich künftig auch ein Schreibkreis treffen soll. Bei der Eröffnung lasen bekannte Schauspieler ganz unterschiedliche Texte.

Das würde man in dem Gebäude mit der Hausnummer 83 in der Schwarenbergstraße nicht unbedingt vermuten. Auf Karofliesen kommt man durch den Hausflur des Baus aus der Vorvorjahrhundertwende in den Raum mit hohen Wänden und großen Fenstern. Auf Fischgrat-Parkett stehen barocke Stühle bei weißen Holztischen, bestückt mit Kerzenständern, Glaskristall-verziert. Daneben locken ein mit Samt bezogenes Sofa und Bücher auf Holzregalen zum Verweilen. Die Atmosphäre mutet an, als schlüpfe man in ein vergangenes Jahrhundert. Es handelt sich nicht etwa um einen Gesellschafts-Salon, die Herren tragen keine Zylinder und junge Frauen werden nicht mit Fräulein angeredet. Auch findet man Plexiglasstühle und moderne Beleuchtung. Und doch: Zeitreisen scheinen ein Thema zu sein an diesem Ort. Im Regal steht unter anderem das Buch „Meine beiden Leben“ von Elisabeth Richter. Und die Gastgeberin hier ist ihre Tochter Andrea Richter. Sie hat zur Eröffnung ihres Schreibsalons „schwarz auf weiß“ sozusagen dokumentarische Zeitzeugen eingeladen. 30 Gäste hörten ihnen gespannt zu.

Bekannt aus „Tatort“ und „Schwarzwaldklinik

Knut Hinz trat auf die kleine Bühne hinter ein Antiktischchen. Sein Gesicht ist bekannt von Bühne und Fernsehen – „Tatort“, „Schwarzwaldklinik“ und natürlich „Hajo Scholz“ aus der „Lindenstraße“. Stottern musste der Künstler dieses Mal nicht. Vielmehr brachte er ein heiter-anspruchsvolles Werk, die Bibel für Schauspieler, wie er es nannte, als Vorlage mit. Er las aus Alexander Granachs autobiografischem Werk „Da geht ein Mensch. Roman eines Lebens“. Das Publikum hörte, dass der Autor seinen Weg zur Schauspielerei buchstäblich begradigte, indem er seine Beine brechen ließ. Und dass das normale Leben auch sehr spannend sein kann.

Dem kann die Journalistin und Biografin Andrea Richter nur zustimmen: „Zusammen mit Menschen und über Menschen, über ihre Lebenswege mit all den reichen Geschichten hinter den Gesichtern möchte ich arbeiten“, erklärt die Hausherrin die Intention ihrer Schreibprojekte. Sie hat sich seit Jahren dem Schreiben und der Weitergabe der Schreibkunst verschrieben, mit den Schwerpunkten Biografie, Chroniken, Textcoaching, Lektorat und Schreibkursleitung. Das alles bietet sie jetzt, neben ihrer Tätigkeit in München, auch in Stuttgart an.

Clint Eastwood im Osten – zumindest die Stimme

Aber zunächst kündigte sie den zweiten Gast an. Jochen Striebeck füllte den Raum spielerisch-philosophisch mit seiner dröhnenden Seemannstimme – sprach da nicht Clint Eastwood? Ein Textvortrag handelte von einem etwas anderen Rotkäppchen, das letztlich von der gefräßigen Großmutter verschlungen wird, mitsamt dem wehrlosen Wolf. Zuletzt rezitierte Striebeck (selbst)ironisch Wilhelm Busch „Ein Künstler auf dem hohen Seil, der alt geworden mittlerweil . . .“.

Dinah Hinz, ebenfalls aus der Hinz’schen Schauspielerfamilie stammend, streute anschließend fröhlich-leicht übers Publikum, was in Briefen, quirlig, wie das Leben selbst, festgehalten wurde: Schräg mit Karl Valentin, der es schafft, in einem Brief den Ausdruck „Schreiben“ gefühlte 167 Mal erscheinen zu lassen. Und aus Berichten von Eheleuten und Kindern, die den Daheimgebliebenen schonend und mildernd umschrieben ihre Malheurs beibringen. Die Schauspielerin beendete das Programm mit Joseph Beuys’ Aufforderung „Lass dich fallen“. Das kann, wer will, künftig im Schreib-Salon von Andrea Richter tun, im kleinen Kreis einer Schreibgruppe, auf literarischen und biografischen Veranstaltungen oder während eines persönlichen Gesprächs mit der Biografin.