In einem seltsamen Waisenhaus erwarten die wunderlichen Bewohner den Angriff einer Horde erbarmungsloser Scheusale In einem seltsamen Waisenhaus erwarten die wunderlichen Bewohner den Angriff einer Horde erbarmungsloser Scheusale Foto: 20th Century Fox Foto: 20th Century Fox

Wie eine Replik auf die digitalen Effektschlachten der „Avengers“ und der „X-Men“ wirkt Tim Burtons aktueller Film: Basierend auf einem Fantasyroman des US-Autors Ransom Riggs erzählt er ein märchenhaftes Abenteuer über verfolgte Kinder mit ungewöhnlichen Fähigkeiten, die in einem sletsamen Waisenahus in einer Zeitschleife leben.

Bernd Haasis

Wales - Mit starker Handschrift schenkt Tim Burton der Welt fantastische Abenteuer: den sanften „Edward mit den Scherenhänden“ (1990), die Zukunfts-Trash-Satire „Mars Attacks“ (1996), die morbide Horror-Komödie „Beetlejuice“ (1988), ein köstliches Remake von „Charlie und die Schokoladenfabrik“ (2005), den schaurig-schönen Trickfilm „Nightmare Before Christmas“ (1994 als Produzent) – und natürlich „Batman“ (1989) und „Batman Returns“ (1992), mit denen er Maßstäbe setzte, lange vor der heutigen Superhelden-Schwemme.

Wie eine Replik auf die digitalen Effektschlachten der „Avengers“ und der „X-Men“ wirkt sein aktueller Film, basierend auf einem Fantasyroman des US-Autors Ransom Riggs: Burton erzählt ein märchenhaftes Abenteuer, das natürlich auch mit Tricks aufwartet, nach alter Schule aber auf die Kraft seiner Bilder vertraut.

In Hugh lebt ein Bienenstock, Millard ist unsichtbar

Sein geliebter Opa wurde von einem Monster zerfleischt, da ist sich der 16-jährige Jacob sicher – und wird in Therapie geschickt. Um ihn in seiner Trauerarbeit zu unterstützen, fährt Jacobs Vater mit ihm nach Wales, auf die Insel, auf der der Großvater im Zweiten Weltkrieg in einem Waisenhaus lebte, nach eigener Aussage mit einer Schar außergewöhnlicher Kinder. Jacob findet das Haus verfallen – aber auch einen Zugang zu einer Zeitschleife, in der es vollständig intakt ist mitsamt seiner Bewohner. Bald wird Jacob, im richtigen Leben ein Außenseiter wie diese, in die Rolle eines rettenden Engels gedrängt.

Ein herrliches Kuriositätenkabinett bietet Burton, in dem sich Asa Butterfield („Hugo Cabret“) als Normalo Jacob müht, nicht unterzugehen – etwa neben der strahlenden Ella Purnell als schwereloser Emma, die nur ihre Bleischuhe am Boden halten. Und die anderen erst: Enoch gar kann Dinge zum Leben erwecken, Olive mit den Fingern Feuer entfachen, in Hugh lebt ein Bienenstock, und Millard ist unsichtbar.

Eva Green schillert als mondäne Hausleiterin Miss Peregrine, zugewandt, streng, gute Armbrust-Schützin. Und Samuel L. Jackson hat furiose Auftritte als ironiebegabter Gestaltwandler und Monstergebieter, der gerne furchterregende Reißzähne bleckt. Er steht einer dunklen Vereinigung vor, die die besonderen Kinder jagt.

Ein rostiger Ozeandampfer steigt vom Meeresgrund auf

Burton hat wieder viel Liebe in eine prächtige Ausstattung investiert. Miss Peregrines Kleider, Emmas fein verzierte Bleischuhe, das verwunschene Waisenhaus, hässliche Ungetüme – alles ist bis in die Details ausgestaltet. Viele eigenartige Wesen und Dinge gibt es hier zu sehen, bildgewaltig setzen die jungen Superhelden wider Willen ihre Kräfte ein. Ein ganzer rostiger Ozeandampfer steigt da vom Meeresgrund auf, und der Showdown mit Monstern und zum Leben erweckten Skeletten ist Slapstick vom Feinsten.

Von der Macht des Teamworks und dem Recht auf Anderssein handelt dieser Film, beides wichtige Themen auch für Kinder; für die aber ist er nicht geeignet wegen einiger Brutalitäten und diabolischer Bedrohungssituationen. Auch dramaturgisch geht Burton ein wenig lax zur Sache: Anders als im Buch verzichtet Emma leider darauf, es Jacob zunächst ein bisschen schwerzumachen, und an einigen Stellen hapert es mit der Logik.

Wer das auszublenden in der Lage ist, kann sich gut unterhalten bei diesem Fest der Fantasie, wie man es in Hollywood-Qualität nicht oft zu sehen bekommt.