So sieht sich nicht nur der skrupellose Ray Kroc (Michael Keaton, Mitte) sehr gerne: Der Profithai geriert sich als Messias der Kundenwunscherfüllung. Foto: Verleih

Siegeszug eines Burger-Imperiums: Michael Keaton spielt den bis dato erfolglosen Vertreter Ray Kroc, der den Gebrüdern McDonald ihr brummendes Schnellimbiss-Geschäft entreißt. Deren alte Grundsätze wirft er rasch über Bord.

Stuttgart - Es stimmt etwas nicht im angeblich flotten Drive-in-Geschäft des Jahres 1954. Viel zu lange wartet der frustrierte Vertreter Ray Kroc im Auto, dass endlich sein bestelltes Essen kommen möge. Und als die Kellnerin endlich doch noch ein Tablett ans Fahrerfenster seines Wagens steckt, hat sie – wie so oft – das falsche Menü dabei. Zu all dem muss Kroc auch noch eine Kulisse jugendlicher Rock 'n' Roll-Kids ertragen, die rauchend herumlungern, weil sie nicht wissen, wohin sonst mit sich. Welche Offenbarung ist da dieser konkurrierende neuartige Schnellimbiss, bei dem man trotz langer Kundenschlangen blitzschnell einen der leckersten Burger der Welt in Händen halten darf – das Urlokal von McDonald’s im kalifornischen San Bernadino.

Nach einer wahren Begebenheit zeigt Regisseur John Lee Hancock („Saving Mr. Banks“) in „The Founder“ die Revolutionierung des Fast-Food-Geschäfts. Dick und Mac McDonald, seit 1940 im Geschäft, testen mit ihren Mitarbeitern an einem auf den Asphalt gemalten Restaurant, welcher Arbeitsschritt wo getan werden muss für einen ausgeklügelten, maximal effizienten Hamburger- und Fritten-Produktionsprozess. Zum Konzept gehören auch ein ausgeklügelt kleines Sortiment und ein familienfreundlicher Außenbereich vor einem kiosk-artigen Laden.

Bald unterläuft Ray Kroc seinen Vertrag

Mit Lizenzvergaben aber sind die Brüder McDonald vorsichtig, denn oft halten sich die Franchise-Nehmer nicht an ihre Vorgaben. Dann aber kommt Ray Kroc daher, der angesichts der zwei gelben Lichtbögen seine große Chance wittert und dafür sogar einen Knebelvertrag unterschreibt. Den freilich unterläuft er bald – um zum Chef des größten Restaurantimperiums der Welt aufzusteigen.

Knorrige Charaktere prallen da aufeinander. Nick Offermann als Dick McDonald gibt einen herrlich schrulligen Erfinder, John Carroll Lynch als Mac McDonald einen Mann mit großem Herzen, den man einfach mögen muss. Als Ray Kroc ist Michael Keaton zu sehen. Der mexikanische Meisterregisseur Alejandro González Iñárritu hat den einstigen „Batman“-Darsteller dankenswerterweise aus der langjährigen Versenkung geholt und ihm ein zweites Leben geschenkt: In Iñárritus exzellentem „Birdman“ (2014) bewies Keaton als abgehalfterter Superhelden-Mime, der vergeblich sein Glück am Theater sucht, einen großen Sinn für Selbstironie. In Thomas McCarthys Kirchen-Missbrauchs-Drama „Spotlight“ (2015) bestätigte er als investigativer Reporter, dass mit ihm zu rechnen ist. Nun brilliert er als charmierender Verkäufer-Prototyp, der Hoffnungen macht, Sehnsüchte weckt und doch immer ein wenig verdächtig bleibt.

Kroc will es vom Verlierer zum Millionär schaffen. Sein amerikanischer Traum kann aber nur wahr werden, wenn er den McDonald-Brüdern skrupellos das Fell über die Ohren zieht. Manche mögen das clever nennen, gerade in den USA gibt es diese Tendenz. Menschen mit gesundem Rechtsempfinden dagegen können Krocs Agieren nur als unanständig empfinden.

Für Kroc zählt nur eines: mit geringem Aufwand viel Geld zu machen.

„The Founder“ zeigt also auch, wie abgebrühte Zocker sich ganze Branchen unter den Nagel reißen können – und wie das Fast-Food-Geschäft dadurch beispielhaft immer mehr zum Junk-Food-Geschäft wurde. Hancock kommentiert nicht, er konfrontiert nur fürsorgliche Männer samt ihren ethischen Grundsätzen mit einem gescheiterten Küchenmaschinenvertreter ganz ohne Grundsätze. Dick und Mac lehnen günstiges Milchshakepulver ab, weil sie es für unredlich halten, einen Milchshake anzubieten,der weder frische Milch noch frisches Speiseeis enthält. Für Kroc dagegen zählt nur eines: mit geringem Aufwand viel Geld zu machen.

Hancock spielt nicht die Gesundheitskarte wie Morgan Spurlock im Dokumentarfilm „Super Size Me“ (2004) aus, der im Selbstversuch einen Monat lang nur bei McDonald’s aß. Der Zeitgeist hat sich ohnehin geändert: Der Fast-Food-Primus kämpft mit Rückgängen, weil immer mehr Menschen bewusster auf die Qualität ihrer Nahrung achten. Das bedeutet nicht, dass die Kunden weniger gern Burger essen, nur eben lieber bessere. Der Erfolg der deutschen Kette Hans im Glück ist dafür ebenso ein Indiz wie in den USA die ungebrochene Popularität der kalifornischen Kette In-N-Out Burger, die auch schon 1948 gegründet wurde, ihren Grundsätzen aber treu geblieben ist – und bis heute einen der leckersten Burger der Welt anbietet.