Frauentausch in der Sauna: Szene aus „Aufguss“, zu sehen in der Komödie im Marquardt Foto: Nicole Brühl

„Aufguss“ heißt das neue Stück in der Komödie im Marquardt: ein Samenspenderklamauk, der in der Sauna eines Kurhotels, Verwirrung anrichtet. Im Theater Rampe holt das Performance-Kollektiv Monster Truck Teile der Stuttgarter Bevölkerung aus ihrem Schattendasein auf die Bühne.

Schwitzende Spender

„Aufguss“ heißt das Stück, das am Freitag in der Komödie im Marquardt Premiere feierte: ein Samenspenderklamauk ohne Tiefgang. Man nehme ein Kurhotel, fünf Gäste, eine Sauna und eine angemessen verworrene Situation: Dieter (Hugo Egon Balder), zwanghafter Schwerenöter, möchte Mary (Madeleine Niesche) gegen Emilie (Dorkas Kiefer) tauschen. Um Mary loszuwerden, plant Dieter, sie im Kurhotel von Samenspender Alain (Jens Hajek) schwängern zu lassen. Aber auch Emilie erscheint – sie ist die rechte Hand des Kinderklinikchefs Lothar (René Heinersdorff), der den erfolgreichen Geschäftsmann Dieter um eine Geldspende angehen will. Fortan fegen Stürme der Heiterkeit durch die Komödie, sobald eine im weitesten Sinne sexuell konnotierte Redewendung fällt.

René Heinersdorff, der den Lothar spielt, Autor und Regisseur des Stücks, hat auf der Bühne die sichtlich allergrößte Freude an ihm: Sein Klinikchef besitzt ein kindliches Gemüt und überschwänglichen Eifer. Hugo Egon Balder grinst wollüstig, ein Mann, der sich nicht leicht aus der Ruhe bringen lässt. Jens Hajek gibt den vitalen Schönling, Dorkas Kiefer und Madeleine Niesche haben Momente, in denen sie selbstbewusst, konfus oder keck strahlen dürfen. Im ersten Akt wird nur im Badetuch gespielt, im zweiten erfreut die überaus elegante Damengarderobe von Cindy Morawetz. Auch Tom Grasshofs Bühnenbild spielt mit den Farben: Ein Brunnen in der Saunamitte, überall getöntes Glas.

„Mich interessiert das Experiment, Missverständnisse auf die Spitze zu treiben“, verrät René Heinersdorff im Programmheft. Das „Aufguss“-Missverständnis ist arg dürftig konstruiert – aber das macht gar nichts, sorgt es mit seinem schlüpfrigen Humor doch bis zuletzt für große Heiterkeit. (mora)

Zu sehen bis zum 19. Juli

Raus aus dem Schatten

Im Theater Rampe versucht das Theaterkollektiv Monster Truck mit der Performance „Display“ einen anderen Blick auf die Stuttgarter Bevölkerung zu werfen.

Gustavo hat Handys repariert, war Straßenkehrer und so viel mehr, dass man den aufgezählten Jobs kaum folgen kann. Am schönsten sei Gärtner gewesen, resümiert der 38-jährige Spanier, während er einen Tannenbaum bis auf den Stamm entzweigt. Über seiner Erzählung hängt von der Bühnendecke der Schriftzug „Arbeitslose“. Die Buchstaben werden sich während „Display“ neu sortieren. Dann liest man „Depressive“ , „Hells Angels“, „Eritreer“ oder „Süchtige“. Zwölfmal wechseln sich die Repräsentanten der jeweiligen Gruppe ab und zeigen sehr unterschiedliche Kurzperformances. Es wird getanzt, gebetet, ein Strategiepapier verlesen, Klavier gespielt und eine Hundedressur präsentiert.

Die Performance ist so etwas wie ein zweiter Akt, dem die Aktion „Sortiert Euch“ an den vergangenen zwei Wochenenden vorausging. Dort, wo am Freitagabend viele Menschen das Marienplatzfest feiern und alle scheinbar dazugehören, stand eine Tribüne für 50 Personen. Wie auf der Bühne prangte auch dort einer der gruppenspezifischen Schriftzüge, und für eine Stunde konnte man sich beispielsweise zu „Hundebesitzern“ dazusortieren. Als Gewinn winkten einem Mitglied pro Gruppe 1000 Euro und fünf Minuten Bühnenpräsenz in „Display“. Monster Truck will mit dieser Aktion auf die Vielseitigkeit der Stadtbevölkerung aufmerksam machen und Gruppen ins Blickfeld rücken, die sonst eher ein Schattendasein fristen. Mag man beim Anblick der Tribüne auf dem Marienplatz den Eindruck gehabt haben, hier werde Schubladendenken reproduziert, bestätigt sich das in der Vorstellung nicht. Ganz selten streifen die Einzelperformances Klischees oder verfallen ins Biografische. Monster Truck macht das Schubladendenken zwar auf, aber nur, um viele der daraus resultierenden Vorurteile zu dekonstruieren. (engel)

Weitere Vorstellungen vom 8. bis zum 11. Juli, jeweils um 20 Uhr