Bundesweit können 7,5 Millionen Menschen nicht richtig lesen und schreiben. Foto: dpa-Zentralbild

Das Netzwerk „Mento“ ist jetzt auchin Baden-Württemberg gestartet. Arbeitnehmer sollen zu Ansprechpartner für Menschen mit Schreib- und Leseproblemen ausgebildet werden.

Stuttgart - Mit dem Projekt „Mento“ sollen auch Arbeitnehmer im Südwesten als Ansprechpartner für Analphabeten ausgebildet werden. „Mento“ ist ein Netzwerk des Bildungswerkes Bund des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) für Grundbildung und Alphabetisierung in der Arbeitswelt. „Wir stehen mit verschiedenen Unternehmen in Kontakt, darunter ZF Lenksysteme und Festo“, sagte Gabriele Frenzer-Wolf, stellvertretende Bezirksvorsitzende des DGB Baden-Württemberg.

Ziel des Projekts sei es, in Firmen die „Kultur des Schweigens zu durchbrechen“, sagte DGB-Landesvorsitzender Nikolaus Landgraf. Meist wissen die Arbeitgeber nicht, dass sie Analphabeten beschäftigen, allenfalls ahnen sie es. Die Betroffenen schämen sich und haben viele Strategien entwickelt, um ihre Schwäche zu kaschieren – auch aus Angst um den Arbeitsplatz. Das bleibe nicht ohne Folgen, sagte Landgraf: Die Betroffenen, oft im Niedriglohnbereich tätig, arbeiteten langsamer oder entwickelten sich nicht weiter, weil sie zum Beispiel Weiterbildungsangebote meiden. Nicht selten helfen Kollegen beim Vertuschen. „Steigende Anforderungen in der Arbeitswelt verstärken den Druck für Betroffene und ihre Kollegen“, prophezeit Landgraf.

In Deutschland können etwa 7,5 Millionen Erwachsene keine einfachen Texte lesen oder schreiben, 60 Prozent von ihnen arbeiten. Damit zählen laut einer Studie der Universität Hamburg mehr als 14 Prozent der Erwerbsfähigen zu den funktionalen Analphabeten: Diese können nur einzelne Sätze, nicht aber zusammenhängende Texte lesen und schreiben. Im Südwesten leben rund eine Million Analphabeten, schätzt das Kultusministerium.

2013 ist „Mento“ in acht Bundesländern gestartet. Inzwischen haben sich bundesweit 140 Arbeitnehmer zu Helfern in Firmen ausbilden lassen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert das Projekt vorerst bis März 2016 mit 2,5 Millionen Euro.