Vor der Porsche-Zentrale in Zuffenhausen hängt ein Schild mit der Aufschrift „Kein Platz für Rassismus“ – im Streitfall können solche Schilder von Bedeutung sein Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Blogs sammeln rassistische Kommentare, die Nutzer auf Facebook posten. Darunter sind auch Mitarbeiter von Amazon und Daimler. Der Onlinehändler hat bereits reagiert. Der Autobauer verweist auf die Privatsphäre der Mitarbeiter.

Stuttgart - Sie schreiben über die Flüchtlinge, die versuchen, durch den Eurotunnel von Frankreich nach England zu kommen: „Schickt sie durch den Eurotunnel und Züge hinterher, wer überlebt, hat Glück.“ Oder: „Ab aufs Meer mit denen. Das nimmt noch genug Asylanten auf“. Mit der zunehmend steigenden Zahl an Flüchtligen, die nach Deutschland kommen, steigt auch die der Hetzer im Internet. Oft nutzen Asylgegner das soziale Netzwerk Facebook, um die Wut über ihre Opfer zu kommunzieren, und oft teilen sie dort auch mit, bei welcher Firma sie ihren Arbeitsplatz haben.

Blogs sammeln solche Beiträge und melden sie bei den Arbeitgebern. Das hat bereits zu Kündigungen geführt. Denn große Konzerne sind auf der ganzen Welt tätig – und sie beschäftigten Menschen aus ganz unterschiedlichen Nationen. Rassismus wirkt vor diesem Hintergrund nicht nur aus der Zeit gefallen. Er ist auch schlecht für die Produktivität von Mitarbeitern, die im Team Leistung abliefern müssen und sich nicht mit sich selbst beschäftigen sollen.

So beschreibt sich etwa der Technologiekonzern Bosch auf seiner Homepage als ein Unternehmen, bei dem Menschen aus über 60 Nationen aufeinandertreffen. „Interkulturelle Kompetenz ist bei uns also täglich gefragt.“ Unternehmen wie die Autobauer Porsche und Daimler haben an ihren Werktoren Schilder hängen, auf denen steht: „Kein Platz für Rassismus“. Solche Hinweise und die Formulierungen in Leitbildern können im Streitfall entscheidend sein, sagt Frank Hahn, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Stuttgart, der vor Gericht meistens die Arbeitgeber vertritt. „Denn sie sind ein Indiz dafür, dass der Mitarbeiter mit den Werten des Unternehmens bestens vertraut ist.“

Amazon prüft Maßnahmen wegen fremdenfeindlichen Äußerungen

Das Privatleben von Mitarbeitern kann für den Arbeitgeber relevant sein, wenn durch seine Freizeitbeschäftigung das Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer belastet wird, sagt Hahn. „Das gilt nicht nur für Äußerungen im Internet, sondern beispielsweise auch für öffentliche Auftritte auf Demonstrationen, auf denen Werte kommuniziert werden, die nicht mit dem Leitbild des Unternehmens übereinstimmen.“ Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um Rassismus handeln.

Zurzeit sind es aber vor allem rassistische Äußerungen, die zu Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten führen. Das hat auch der Verfassungsschutz auf dem Radar: „Rechtsextremisten nutzen das Internet – und damit auch soziale Netzwerke – für die Verbreitung ihrer Ideologie, ebenso dient es ihnen als Kommunikationsmittel“, sagt ein Sprecher des baden-württembergischen Verfassungsschutz unserer Zeitung. „Gegenwärtig ist das Thema Asyl eines der beherrschenden Themen in der Szene, was sich auch in den sozialen Medien niederschlägt: Aktuell wird das Internet massiv genutzt, um die rechtsextremistischen Positionen zu den Themen Asyl und Überfremdung zu transportieren.“

Nach Recherchen unserer Zeitung ist nach zwei Fällen in Österreich nun auch ein Beschäftigter in Deutschland betroffen. Der Blog „Perlen aus Freital“ hat unter anderem rassistische Äußerungen von Steffen B. gesammelt. So schreibt dieser etwa zu einem Artikel über die Unterbringung von Asylbewerbern in Worms: „Dieser dreckiger scheiß Staat zum Kotzen mit euch die eigene Bevölkerung muss ihren Wohnraum aufgeben für scheiß Flüchtlinge. Jagd das Gesocks dahin, wo es herkommt.“

Dort ist auch zu lesen, dass Steffen B. im sozialen Netzwerk Facebook bekanntgibt, wo er arbeitet: im Logistikzentrum von Amazon im hessischen Bad Hersfeld. Facebook-Nutzer haben Amazon auf die Äußerungen ihres Mitarbeiters aufmerksam gemacht. Der Internethändler kündigt Konsequenzen an: „Wir werden dem Thema selbstverständlich umgehend nachgehen und angemessene Maßnahmen treffen“, teilte ein Sprecher unserer Zeitung mit. „Als Unternehmen, in dem Mitarbeiter aus über 100 Nationen arbeiten, duldet Amazon keinerlei Diskriminierung.“

Daimler verweis auf Privatsphäre der Mitarbeiter

Auf dem Blog ist auch eine Kopie des Facebook-Profils eines Daimler-Mitarbeiters aus dem Werk in Düsseldorf zu sehen. Der Autobauer verweist auf die Privatsphäre seiner Mitarbeiter: „Wir achten die Privatsphäre unserer Beschäftigten“, sagt eine Sprecherin des Konzerns. „Solange keine Aussagen getroffen werden, die in direktem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen sowie einen Verstoß gegen die arbeitsrechtlichen Pflichten darstellen, können wir daraus arbeitsrechtlich keine Konsequenzen ziehen“, so die Sprecherin: „Wir distanzieren uns von jeder Form von Rassismus, aber unser Unternehmen prüft nicht, was unsere Mitarbeiter in sozialen Netzwerken posten. Privates muss privat bleiben.“

Porsche hatte vor kurzem einem Lehrling in Österreich wegen eines fremdenfeindlichen Eintrags auf Facebook gekündigt. Das Gleiche ist in Österreich einer Mitarbeiterin der Handelskette Spar passiert. Über die Verhältnismäßigkeit gibt es unter Juristen verschiedene Ansichten. „Grundsätzlich werden Kündigungen in der Regel erst ausgesprochen, wenn andere Maßnahmen wie etwa eine Abmahnung nichts geholfen haben“, sagt der Arbeitsrechtsexperte Hahn.