Die Französin Jeannine Vromant vererbt 280.000 Euro an 200 ausgewählte Menschen, die nett zu ihr gewesen sind.

Paris - Freundlichkeit zahlt sich doch aus. Als Jeannine Vromant aus dem nordfranzösischen Dieppe 2008 im Alter von 86 Jahren verschied, hinterließ sie ein fabelhaftes Testament. Ihr Letzter Wille besagt, dass das Vermögen von 280.000 Euro an 200 ausgewählte Menschen verteilt werden muss, die einfach nur nett zu ihr gewesen sind.

Keine leichte Aufgabe für Notar Francis Bécu. Er hat seit Monaten alle Hände voll zu tun, um den Auftrag korrekt auszuführen. Die alte Dame hatte in ihrem 2004 verfassten Testament vier mit Hand geschriebene Seiten samt den Namen ihrer 200 Erben hinterlassen. Aber jeden Einzelnen ausfindig zu machen gleicht der Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen. "Es ist eine sehr lustige Geschichte, auch wenn es für uns nun wirklich alles andere als ein Geschenk ist", sagte Bécu einer Zeitung.

Er kennt die Namen der Empfänger und ihre Berufsbezeichnung, aber einige sind nach mehreren Umzügen nahezu unauffindbar. Hinzu kommt, dass sie sich auf mindestens drei Orte verteilen: Tourcoing, Arras und Dieppe. Jene Städte, in denen Jeannine Vromant gewohnt und in ihrem langen Leben die Bekanntschaft vieler lieber Menschen gemacht hat. Ihr Testament ist eng beschrieben, teilweise unleserlich. Und immer wieder hat sie die Liste aktualisiert: Namen gestrichen, neue hinzugefügt.

Ende August schickte Maître Bécu einen Sammelbrief an die 200 Glücklichen ab, aber sechs Wochen später hatten 120 von ihnen reagiert. Zahltag ist erst, wenn der Notar die gesamte Erbengemeinschaft zusammengetrommelt hat. Im Schnitt darf jeder Einzelne mit 1200 Euro rechnen, "vielleicht sogar ein bisschen mehr".

Alle 40 Fahrer der kommunalen Busgesellschaft Stradibus in Dieppe werden bedacht - und das hat einen guten Grund. "Sie hatte keinen Führerschein und die Busfahrer hielten immer direkt vor ihrer Haustür, um ihr das Leben einfacher zu machen", sagt der Notar. Benoît Rigaud, den Direktor von Stradibus, hatte die alte Dame vor vier Jahren eingeweiht. "Sie hat mich damals um die Namen aller Busfahrer gebeten", erinnert sich Rigaud: "Das ist eine sehr noble Geste, die einem das Herz wärmt."

Neben den Busfahrern werden auch liebenswürdige Krankenschwestern, fleißige Pfleger, die freundliche Apothekerin, die Kassiererin im Tante-Emma-Laden an der Ecke oder der nette Postbote bedacht. Erben im Kreis der Familie gibt es nicht. Jeannine Vromant blieb zeitlebens unverheiratet, sie hat weder Kinder noch enge Anverwandte oder Freunde. Jeannine Vromant, die als selbstständige Immobilienverwalterin zu dem kleinen Vermögen gekommen war, hat früher eng mit der Anwaltskanzlei von Francis Bécus Vater zusammengearbeitet. Der Notar, ein altmodischer Mann, nennt die alte Dame übrigens immer noch respektvoll "Mademoiselle".