„Vergiss nicht, dass am anderen Ende ein Mensch sitzt“ – so lautet die wichtigste Empfehlung für die Kommunikation in der digitalen Welt. Doch was selbstverständlich klingt, wird oft nicht befolgt.
Stuttgart -
1. Wer stänkert, fliegt raus
Das Einhalten der Netiquette ist zwar erwünscht, aber keinesfalls rechtsverbindlich noch einheitlich. Grundsätzlich gilt: Rassismus, Verleumdungen und aggressives verbales Verhalten sind tabu. Wer sich nicht an die Regeln hält, fliegt raus, wobei es in der Hand des jeweiligen Verantwortlichen einer Netzwerk-Plattform liegt, Art und Ausmaß der Netiquette vorzugeben, deren Einhaltung zu kontrollieren und Verstöße zu ahnden, zum Beispiel durch Ausschluss von Teilnehmern, sagt Andreas Mayer, Kriminaldirektor Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes. „Medienkompetenz und Zivilcourage sind hierbei wichtig und sollten von Kindesbeinen an vermittelt werden.“ Dennoch sind auch die Nutzer gefragt: Man sollte sich nicht scheuen, auffällige Posts zu melden! Facebook oder Twitter haben deshalb sogenannte Melde- oder Report-Funktionen für einzelne Beiträge oder ganze Profile. Oft hilft es, es mehrmals zu probieren.
2. Bei einem Shitstorm Ruhe bewahren
Ist eine Gemeinheit erst einmal losgetreten, finden sich meist schnell Anhänger. Kommen immer mehr dazu, kann ganz schnell ein Sturm losbrechen – ein sogenannter Shitstorm. Es beginnt oft harmlos mit der Empörung eines Einzelnen, der sich immer mehr Personen mit Beiträgen und Kommentaren in den sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und in Blogs, anschließen. Wie eine Lawine rollen die Beleidigungen auf das Opfer zu. Tatsächlich gibt es keine perfekte Formel, wie man sich gegen einen solchen Shitstorm zu Wehr setzen kann: Experten raten häufig zu einer schnellen Rückmeldung, dass man sich um das Problem kümmert. Wenn diese Antwort innerhalb von einer bis fünf Minuten kommt, fühlt sich das Gegenüber ernst genommen. Aber Achtung: Einem Versprechen zur Klärung müssen auch Taten folgen – sonst leidet die Authentizität! Wichtig ist, sich von vorneherein vor einem Shitstorm zu schützen. Dazu empfiehlt der Kriminaldirektor Mayer, „sich vorsichtig und mit der gebotenen Zurückhaltung im Netz zu bewegen, um möglichst keine Angriffsfläche zu bieten.“
3. Bei Cybermobbing nicht wegschauen
Cybermobbing bezeichnet das absichtliche Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder Belästigen einer Person über die sozialen Netzwerke über einen längeren Zeitraum hinweg. So werden zum Beispiel intime oder peinliche Fotos oder Videos in den sozialen Netzwerken gezielt gestreut, um eine Person lächerlich zu machen, zu hänseln oder zu bedrohen. Cyber-Täter suchen sich ihre Opfer gezielt aus. Die Polizei empfiehlt, beleidigende oder sogar bedrohliche E-Mails oder Foreneinträge nicht zu ignorieren. „Bei schwerwiegenden Fällen und Bedrohungen sollte man sich auf jeden Fall an die Polizei wenden und Anzeige erstatten“, sagt Kriminaldirektor Mayer. Cybermobbing ist für sich allein nicht unter Strafe gestellt. „Als Straftatbestände kommen aber unter anderem Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, Nötigung, Nachstellung, Verletzung der Privatsphäre etwa bei heimlichen Fotoaufnahmen und Körperverletzung in Betracht“, erklärt Mayer. Ganz wichtig sei es, Beweise zu sichern und schnell zu handeln. Verbindungsdaten, zum Beispiel Informationen über die IP-Adresse, werden bei den Netzbetreibern oft nur wenige Tage gespeichert.
4. Nicht in Großbuchstaben schreiben
Wer etwa ständig in Großbuchstaben oder fett gedruckt schreibt und haufenweise Ausrufezeichen in Textnachrichten streut, macht sich unbeliebt. Denn dies wirkt auf den Empfänger der Nachricht, als würde er angebrüllt. „Erst nachdenken – dann schreiben“, rät der Deutsche Knigge-Rat. Grundsätzlich gilt: E-Mails sind ideal für kurze, einfache Anfragen und Nachrichten. Mehr als zwölf Zeilen sollten nicht in einer Mail stehen. Wichtig ist auch eine treffende Betreffzeile. Abkürzungen wie zum Beispiel „iwie“ für „irgendwie“ oder „ka“ für „keine Ahnung“ sollte man nur dann verwenden, wenn klar ist, dass der Empfänger diese auch versteht. Lachende, weinende, peinlich berührte Gesichter in Form von sogenannten „Emojis“ sollte man nur in Maßen einsetzen. Weniger ist hier mehr!
5. Nicht immer allen antworten
Die Option „Allen antworten“ sollte man vermeiden! Schickt der Chef eine Meeting-Anfrage ans komplette Team, reicht es völlig aus, wenn man nur ihm antworten. Blindkopie, also das Versenden einer Mail an mehrere Adressaten, die davon aber nichts mitbekommen, sollten man wirklich nur dann verwenden, wenn man einen Newsletter verschickt.
6. Ehrlich währt am längsten
Eine weitere Empfehlung des Deutschen Knigge-Rats: Jeder sollte genau überlegen, was er von sich im Internet preisgeben möchte. Denn das Netz vergisst nichts! Und so mancher Personalverantwortliche in Unternehmen vergleicht auch mal Bewerbungsunterlagen mit Einträgen in sozialen Netzwerken. Bei vielen Plattformen wie Facebook oder Xing kann man über die Einstellungen klar definieren, wer was aus dem eigenen Profil sehen und lesen darf.
7. Vor dem Foto posten immer fragen
Bevor Fotos ins Netz gestellt werden, muss man immer zuerst die darauf abgebildeten Leute um Erlaubnis bitten. Wenn gegen deren Willen Fotos von einer Person verbreitet werden, kann eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild (Paragraf 22 des Kunsturhebergesetz) vorliegen. Wer Bilder oder Filmaufnahmen ohne Wissen des Gezeigten veröffentlicht, macht sich strafbar. Zudem sollte man ausschließlich Bilder posten, die einem gehören. Denn nur für Fotos, die man selbst geschossen haben, besitzt man die Nutzungsrechte. Dennoch sollte nicht jedes Bild in die sozialen Netzwerke wandern: Ein Schnappschuss auf einer feucht-fröhlichen Party oder am FKK-Strand mag im Moment zum eigenen Profil ins Netz passen – aber will man, dass diese Eindrücke auch in fünf Jahren noch von einem öffentlich zu sehen sind?