Kelly Luegenbiehl mit den „Dark“-Darstellern Louis Hofmann (links) und Oliver Masucci bei der Europapremiere der Netflix-Serie im Berliner Zoo Palast. Foto: Getty

„Die Serie ist wie ein Buch, das du nicht beiseite legen kannst. Jede Episode ist ein Pageturner.“ So schwärmt die – zugegebenermaßen befangene – Serien-Produzentin Kelly Luegenbiehl im Exklusivinterview über die erste deutsche Netflix-Serie „Dark“, die von 1. Dezember an weltweit zu sehen ist.

Berlin - Kelly Luegenbiehl ist als Vice President of International Originals für die internationalen Eigenproduktionen des Streamingdiensts Netflix verantwortlich – also auch für die Mysteryserie „Dark“, die von 1. Dezember an als erste deutsche Netflix-Serie überall auf der Welt zu sehen ist.

Ms. Luegenbiehl, Netflix hat bereits einige europäische Serien im Angebot: „Marseille“ aus Frankreich, „The Crown“ aus England, „Suburra“ aus Italien, „Las chicas del Cable“ aus Spanien. Jetzt kommt „Dark“ aus Deutschland hinzu. Welche internationale Netflix-Produktion mögen Sie am liebsten?
„Dark“ ist definitiv eines der Projekte, das mich am meisten begeistert.
Sagen Sie das nicht nur, weil ich Deutscher bin? Was macht „Dark“ Ihrer Meinung nach so besonders?
Die Serie ist wie ein Buch, das du nicht beiseite legen kannst. Jede Episode ist ein Pageturner. Das Drama entwickelt sich anhand der Charaktere, die Erzählung ändert ständig die Richtung, andauernd wechselt die Perspektive, immer wieder werden einem andere Figuren ans Herz gelegt. Die Geschichte lässt einen nicht los. „Dark“ setzt sich mit Themen wie Familie, Freundschaft, Liebe und Betrug auseinander, sucht aber auch Antworten auf die großen, übergeordneten existenziellen Fragen, befasst sich mit der Relativität von Raum und Zeit – und vermischt das alles mit einigen richtig coolen Science-Fiction-Elementen.
Das klingt ja tatsächlich ziemlich begeistert. Vielleicht sind Sie ja aber auch selbst befangen. Ihr Name klingt nach deutscher Herkunft . . .
Ja, mein Vater kommt eigentlich aus Deutschland, und wir haben hier noch einige Verwandte. Als ich aufgewachsen bin, waren wir oft zu Besuch in Deutschland. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum ich sofort eine starke Verbindung zu der Stadt Winden, der Welt in der die Serie „Dark“ spielt, gespürt habe.
Ich gehe aber davon aus, dass es Netflix nicht genügt, wenn die Serie nur in Deutschland erfolgreich ist. „Dark“ ist seit 1. Dezember überall dort auf der Welt, wo Netflix verfügbar ist, zu sehen.
Natürlich hoffen wir, dass die Serie nicht nur das Publikum in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt begeistern wird. Unsere Abonnenten beweisen aber, dass großartige Storys keine nationalen Grenzen kennen. Wir mögen uns kulturell unterscheiden, aber wir alle lieben tolle Geschichten. Ob es sich dabei um „Narcos“ handelt, eine hauptsächlich auf Spanisch gedrehte Großproduktion, die von Pablo Escobar erzählt, oder die Gerichts-Doku-Serie „Making A Murderer“ über den Mord in einer Kleinstadt in Wisconsin, von der noch nie jemand gehört hat. Wir suchen immer auf der ganzen Welt nach talentierten Geschichtenerzählern mit tollen Ideen. Und wir wollen Stoffe, die zwar überall verstanden werden, die aber starke regionale Bezüge haben – so wie „Dark“.
Sie sind auch ausführende Produzentin der Serie. Was heißt das?
Ich war an allen Stadien der Produktion von „Dark“ beteiligt – vom ersten Drehbuchentwurf bis zur fertigen Serie. Ich habe dabei Hand in Hand mit den Showrunnern und der Produktionsfirma Wiedemann & Berg gearbeitet.
Die Showrunner, das sind die Drehbuchautorin Jantje Friese und der Regisseur Baran bo Odar. Wie kam es zur Zusammenarbeit?
Seit September 2014 ist Netflix in Deutschland verfügbar. Und als ich im November 2015 bei Netflix angefangen habe, war das eines der ersten Projekte, das wir in Angriff nahmen. Baran bo Odar und Jantje Friese wollten ja eigentlich aus dem Stoff einen Film machen, merkten dann aber, dass sie sich viel zu viele Charaktere und viel zu viel Handlung ausgedacht hatten, um das in zwei Stunden unterbringen zu können. Da kamen wir ins Spiel.
Bei Qualitätsserien scheinen Streamingdienste wie Netflix, Hulu oder Amazon und Bezahlsender wie HBO oder Showtime den Markt allein unter sich aufzuteilen. Sind traditionelle TV-Sender ein Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten, die früher oder später überflüssig sind? Was macht Netflix besser als diese Sender?
Ich kann natürlich nicht für andere Sender oder Streamingdienste sprechen, aber das Gute an Netflix ist, dass wir unseren Abonnenten die größtmögliche Wahlfreiheit geben. Unsere Abonnenten können selbst entscheiden, was sie wann und wo schauen wollen. Netflix hat dafür gesorgt, dass Menschen überall auf der Welt nun ihre eigenen TV-Programme gestalten können. Unsere Untersuchungen zeigen zum Beispiel, dass 56 Prozent der Deutschen am liebsten sehr spät in der Nacht – nämlich nach 2 Uhr morgens – Dokumentationen ansehen, während die meisten am liebsten mit Komödien den Tag beginnen.
Gerade wird bereits die zweite deutsche Netflix-Serie produziert. Können Sie schon etwas über die Gangsterserie „Dogs of Berlin“ verraten?
Nur, dass wir bei Netflix sehr begeistert von dem sind, was wir bisher gesehen haben.
Und gibt es vielleicht schon Pläne für ein weiteres deutsches Projekt?
Wir führen gerade einige Gespräche. Ich hoffe, dass wir bald mehr verraten können.