Die Entwicklung des Dax schwebt wie eine dunkle Wolke über dem Börsenparkett Foto: dpa

Der Dax hat gegenüber dem Jahres­be­ginn schon rund 17 Prozent verloren. Was sind die Gründe für den Rückgang, und wie könnte es weitergehen? Dazu die wichtigsten Fragen und Antworten.

Frankfurt - Warum geht es mit den Kursen weiter bergab?
Mit anhaltender Unsicherheit begründen die meisten Volkswirte, Analysten und Händler die anhaltende Talfahrt. Unsicherheit über die Entwicklung der Weltwirtschaft in diesem Jahr. Klar ist: Die Wirtschaft in China und den Schwellenländern hat sich abgekühlt. Die Öl-Länder leiden unter dem Preisverfall des Öls. Folglich wird dort weniger investiert und konsumiert, was auch die Importe bremst und damit die exportorientierten Firmen in Europa und den USA trifft. Mit Blick auf die USA machen sich sogar wieder Rezessionsängste breit.
Ist die Entwicklung mit dem Krisenjahr 2008 vergleichbar?
Nein, sagt Stefan Schneider von der Deutschen Bank. Die Weltwirtschaft wachse 2016 mit einem Plus von drei Prozent. Und das sei immer noch ansehnlich. Deutsche Unternehmen stehen auch wegen des Export-Rekords im vergangenen Jahr nach wie vor gut da, die Gewinnprognosen sind stabil, und im Frühjahr schütten die 100 größten börsennotierten Unternehmen die Rekord-Dividendensumme von 38 Milliarden Euro aus.
Ist die Talfahrt vor diesem Hintergrund gerechtfertigt?
Nein, sagen Händler und Ökonomen. Der Kurseinbruch sei überzogen. Der Pessimismus zu groß. Manche sehen schon wieder Kaufkurse. Immer noch halten viele Banken an ihren Dax-Prognosen von 11 000 Punkten und mehr zum Jahresende fest.
Welche Rolle spielen die Notenbanken?
Sie fallen als Motor des Aktienmarktes aus, Impulse durch ihre großzügige Geldpolitik gibt es nicht. Eugen Keller vom Bankhaus Metzler sieht sie sogar als Wachstumsbremse. Denn die niedrigen Zinsen brächten Banken und Versicherungen in die Bredouille. Anlagenotstand und verschärfte Regulierung führten dazu, dass sie ihr Geld vor allem in Staatsanleihen und Pfandbriefe anlegten. Einige Häuser hätten zudem viele faule Kredite in den Büchern.
Wie trifft die Talfahrt die Privatanleger?
Natürlich sinkt auch der Wert ihrer Aktien im Depot deutlich. Dass sie massiv verkaufen, ist nach Erkenntnissen von Händlern aber nicht ersichtlich. Dabei hatten die Bundesbürger im vergangenen Jahr wieder mehr Vertrauen in die Börse gefasst. Nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts (DAI) ist die Zahl der Aktionäre in Deutschland 2015 um 560 000 auf gut neun Millionen gestiegen, so viele wie seit drei Jahren nicht mehr. Das sei ein gutes Zeichen für die Aktienkultur, sagt DAI-Chefin Christine Bortenlänger. 2,9 Millionen Bundesbürger kauften direkt Aktien, rund 6,1 Millionen Aktien und Aktienfonds. Die rapide Talfahrt der Börse seit Anfang des Jahres allerdings dürften die Aktionärszahlen wieder gedrückt haben.
Wohin fließt das Geld, das aus Aktien abgezogen wird?
Zum einen gibt es immer noch Aktienkäufer, sonst könnten Anleger nicht verkaufen. Generell fließt das Geld in sichere Staatsanleihen, vor allem auch Bundesanleihen, auch wenn damit nichts zu verdienen ist. Die Rendite bei zehnjährigen Bundesanleihen liegt derzeit bei rund 0,2 Prozent, bei Laufzeiten von zwei und fünf Jahren ist sie negativ. Tagesgeld bringt nach Angaben des Finanzportals FMH derzeit im Schnitt 0,33 Prozent, in der Spitze 1,25 Prozent. Auch Gold erscheint als Option und gilt wie oft in Krisenzeiten als sicherer Hafen: Der Goldpreis ist mit fast 1200 Dollar je Feinunze so hoch wie seit sieben Monaten nicht mehr.
Wie geht es am Aktienmarkt weiter?
Das weiß niemand, auch wenn die meisten Experten den Absturz für überzogen halten. Aber die Unsicherheit und die Nervosität sind so ausgeprägt wie seit langem nicht. Bis auf 8300 Punkte könnte es im Dax noch nach unten gehen, sagt Analyst Jens Klatt. Noch skeptischer ist Manfred Hübner von Analysehaus Sentix, das jede Woche mehr als 1000 Investoren befragt. Anleger hätten das Gespür für Risiko verloren, die Medizin der Notenbanker wirke nicht mehr. Der Crash sei in vollem Gange. Ende 2016 sieht Hübner den Dax bei nur noch 8000 Punkten. Das wäre auf Jahressicht ein Minus von 25 Prozent. Doch die Optimisten sind nicht verstummt. Oliver Roth vom Handelshaus Oddoseydler hält das Minus längst für übertrieben.