Ergab die Abhör-Aktion der Geheimen Informationen über das abgetauchte Neonazi-Trio?
Berlin - Der Verfassungsschutz hat von Juni 1998 bis April 1999 einen Anhänger der Neonazi-Organisation Blood and Honour observiert, der vermutlich noch mit Beate Zschäpe liiert war, als diese schon mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund lebte. Durch die Überwachung des Liebhabers könnten die sächsischen und thüringischen Landesämter, aber auch das Bundesamt für Verfassungsschutz durchaus Hinweise auf den Aufenthalt des Trios gehabt haben. Bisher hatten die Sicherheitsbehörden angegeben, nach dem Abtauchen der Terroristen keine Informationen oder Kontakte auch zu deren Umfeld gehabt zu haben.
Die Protokolle werden derzeit intensiv geprüft. Bei der so genannten G-10-Maßnahme gegen Zschäpes Liebhaber Thomas S. wurde seit dem 9. Juni 1998 dessen Telefon, Kommunikation und Post abgefischt und zudem seine Wohnung zuletzt am 9. April 1999 observiert. Den Zeitraum der Überwachungsmaßnahme hat das Bundesamt dokumentiert. Am 9. September 1998 vermerkt der thüringische Verfassungsschutz die Liaison zwischen Zschäpe und S.. „Wir gehen davon aus, dass die beiden zusammen waren, als Zschäpe schon abgetaucht war“, heißt es aus Sicherheitskreisen. Auch Mundlos soll nach Auskunft einer Nachbarin häufig bei S. gewesen sein. Der frühere Bundesrichter Gerhard Schäfer nennt diese Quellenlage in seinem Gutachten „maßgeblich“.
Am Dienstag waren beim sächsischen Verfassungsschutz neue Akten aufgetaucht, in denen die Überwachung von S. dokumentiert ist. Bislang hatte Sachsen beteuert, alle Unterlagen an die zuständigen Gremien und Behörden weitergeleitet zu haben. Sachsens Verfassungsschutzchef Reinhard Boos war deswegen zurückgetreten. Ende Januar 1998 waren Böhnhardt/Mundlos/Zschäpe abgetaucht, nachdem die Polizei in Zschäpes Garage eine Rohrbombe, 1,4 kg TNT und NS-Propaganda gefunden hatte. Die drei konnten trotz eines Haftbefehls fliehen.