Die Europäische Zentralbank berät am 10. März über ihren weiteren Kurs. Foto: dpa/Boris Roessler

Wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Minuszins abschafft, wollen Banken diese auch für ihre Kunden streichen. Das gilt auch für Institute in der Region.

Frankfurt - Eine Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) würde Bankkunden Entlastung bringen. Die Commerzbank und die Direktbank ING kündigten vergangene Woche an, bei einer Abschaffung des negativen EZB-Einlagezinses würden sie die von einem Teil der Kundschaft erhobenen Minuszinsen streichen. Auch Institute in der Region sicherten dies auf Nachfrage unserer Zeitung zu: „Wenn die EZB den Einlagezins ohne betragliche Begrenzung wieder auf null setzen sollte, wird auch die Volksbank Stuttgart innerhalb einer entsprechenden Umsetzungsfrist das Verwahrentgelt auf null Prozent zurückführen“, teilte der Vorstandsvorsitzende der Genossenschaftsbank, Stefan Zeidler, mit.

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Der EZB-Einlagezins bezieht sich auf die Guthaben von Geschäftsbanken bei der Notenbank. Derzeit liegt er bei minus 0,5 Prozent. Banken und Sparkassen bekommen von der EZB also keine Zinsen, sondern zahlen bei Einlagen von einer gewissen Höhe an drauf. Diese Kosten geben fast alle Institute an ihre Unternehmenskunden weiter, viele auch an Privatkunden mit hohen Guthaben. In der Branche werden die Minuszinsen meistens als „Verwahrentgelt“ oder „Guthabenentgelt“ bezeichnet.

Auch die BW-Bank würde bei einer Zinswende mitziehen

Bei der Sparda-Bank Baden-Württemberg ist bislang kein Kunde davon betroffen. Solange der EZB-Einlagesatz negativ ist, behält sich das Institut allerdings eine Weitergabe der Kosten an Kunden mit hohen Guthaben vor.

Die BW-Bank erklärte, wenn der EZB-Einlagezins null erreichen oder sogar ins Plus steigen sollte, „entfällt das Verwahrentgelt“. Für Irritationen bei einem unserer Leser sorgte allerdings, dass in der von der BW-Bank mit einzelnen Kunden geschlossenen „Vereinbarung eines Verwahrentgelts“ folgender Satz steht: „Beträgt der Referenzzinssatz null oder mehr als null, kann der Kunde aus der vorliegenden Vereinbarung keine Ansprüche herleiten.“

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Die BW-Bank stellte auf Anfrage klar, dies bedeute nur, dass der Kunde aus einem positiven EZB-Einlagezins keinen Anspruch auf Habenzinsen in gleicher Höhe ableiten könne. Die Habenzinsen orientierten sich am Markt, bei Tagesgeldkonten beispielsweise am Ein-Monats-Euribor. Der Euribor ist der durchschnittliche Zinssatz, zu dem Banken einander Geld leihen – beim Ein-Monats-Euribor für entsprechend kurze Zeit. Aktuell ist auch der Euribor negativ.

Krieg in der Ukraine schmälert Chancen auf schnelle Änderung

Die nächste EZB-Zinssitzung ist am 10. März. Angesichts der hohen Inflationsrate signalisierte die Notenbank zuletzt Bereitschaft zur Änderung ihrer lockeren Geldpolitik. In einem ersten Schritt wird sie aber nur über ein Absetzen der Geldspritzen beraten, mit denen sie seit Jahren die Konjunktur päppelt. Die EZB kauft dazu Staatsanleihen und andere Wertpapiere – möglich, dass die Notenbank im März ein Datum für eine Einstellung des Kaufprogramms nennt.

Zinserhöhungen wären erst nach Ablauf des Programms denkbar, wie EZB-Chefin Christine Lagarde auf ihrer jüngsten Pressekonferenz im Februar erklärte. An den Finanzmärkten löste dies Spekulationen aus, der Einlagezins könnte noch in diesem Jahr in zwei Schritten auf null steigen. Mit dem Krieg in der Ukraine wird dieses Szenario allerdings wieder unwahrscheinlicher.