Dampf kommt aus dem Kühlturm von Block 2 des Kernkraftwerks Neckarwestheim, daneben sind Block 1 (links) und Block 2 des Akw zu sehen. Foto: dpa/Marijan Murat

Eigentlich sollte das Akw Neckarwestheim 2 Ende des Jahres stillgelegt werden – jetzt ist für Anfang 2023 ein Reservebetrieb geplant. Unklar ist aber, ob und wie das technisch und organisatorisch überhaupt funktionieren soll.

Die Absicht von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), die beiden Atomkraftwerke Neckarwestheim 2 und Isar 2 als Reserve vorzuhalten, um sich gegen Energieengpässe abzusichern, kommt für die Betreiber offenbar überraschend. „Bisher wurde über Laufzeitverlängerungen oder Streckbetrieb politisch diskutiert, aber nicht über Reservebetrieb“, sagte ein Unternehmenssprecher der EnBW, die Neckarwestheim 2 betreibt, unserer Zeitung.

In einem Streckbetrieb wäre der Reaktor über das Ende der Laufzeit Ende Dezember hinaus mit verminderter Leistung betrieben worden. Der Reservebetrieb sieht nach Habecks Plänen vor, den Reaktor zwischen Januar und Mitte April bei Bedarf hochzufahren.

Während sich in der Ampel-Koalition derzeit Befürworter und Gegner des Vorschlags positionieren, macht sich die EnBW Gedanken um eine mögliche Umsetzung der Pläne. Man brauche erst einmal die Details des Vorschlags, heißt es – wie der Konzern auch betont, dass es noch keinen Regierungsbeschluss gebe und sich die Modalitäten bis dahin ohnehin noch ändern könnten. Man müsse und werde aber die Durchführbarkeit von Habecks Vorschlag prüfen.

Bisher war die Ausgangslage klar: Der Betrieb von Neckarwestheim 2 südlich von Heilbronn sollte Ende Dezember eingestellt werden, darauf hin zielten alle Maßnahmen ab. Infolgedessen wurden auch Fachpersonal abgebaut.

Gibt es überhaupt genügend Fachkräfte für einen Weiterbetrieb?

Ob genügend Personal für einen Reservebetrieb zur Verfügung stehe, müsse die EnBW erst einmal prüfen, teilt der Konzern mit. Auch auf die Frage, wie viele Tage es dauern würde, einen Reaktor bei Bedarf hochzufahren, gebe es keine pauschale Antwort. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, hatte zuvor davon gesprochen, dass es zwölf Tage dauere, um einen Reaktor hochzufahren.

Wie lange würden die Brennstäbe überhaupt reichen?

Offen ist auch die Frage, wie lange Neckarwestheim mit den vorhandenen Brennstäben noch betrieben werden könnte. „Mit der aktuellen Beladung könnte das Kraftwerk noch ein paar Wochen länger über Dezember 2022 hinaus laufen“, hatte EnBW-Vorstand Georg Stamatelopoulos im Juli unserer Zeitung gesagt – und hinzugefügt, dass man dies nicht plane und dass dies keine Lösung wäre, „die uns über den kompletten Winter hinweg helfen würde“.

Jetzt werden die Pläne von der Bundesregierung wohl umgeworfen. Ob das Atomkraftwerk im Zweifel überhaupt bis Mitte April genutzt werden könnte, hinge dann am tatsächlichen Bedarf.

Es bleiben also viele Fragen noch offen. „Das ist alles nicht trivial, des geht hier um eine wirklich komplizierte Prüfung“, sagte ein Sprecher. Klar ist nur, dass EnBW keine neuen Brennstäbe besorgen wird. Das wäre nur eine Option gewesen, hätte man die Laufzeit des Kernkraftwerks um ein, zwei Jahre verlängert. „Das stand aber nie im Raum“, heißt es.