Eine Ideenwerkstatt der Bürger soll die Lebensqualität für Familien und Senioren verbessern.
Bad Cannstatt - Die Neckarvorstadt wird irgendwann noch die Perle am Neckar.“ So optimistisch wie der Mann aus dem Publikum waren die meisten Besucher der Infoveranstaltung zum Quartiersprojekt nicht. Rund 50 Interessierte waren ins Gemeindehaus von St. Martin an der Brückenstraße gekommen, um in Gruppen zu überlegen, wie die Lebensqualität im Viertel mit kleinen Veränderungen und Bürgerengagement verbessert werden kann. Dazu wurde erst einmal zusammengetragen, was die Bewohner stört.
Der Projektleiter Alexander Gunsilius vom Sozialamt skizzierte die Möglichkeiten und Probleme vor Ort: einerseits Natur und Neckar, andererseits viel Gewerbe und ein hohes Armutsrisiko für alle Bevölkerungsgruppen. Von den knapp 19 000 Bewohnern sind 15 Prozent arbeitslos. Vor allem die Interessen von Familien und älteren Menschen sollen mit dem Bürgerbeteiligungsprojekt gestärkt werden. „Was haben wir? Wie können wir uns aufstellen?“ So charakterisierte Manfred Niewöhner von der Jugendhilfeplanung mit Blick auf die Veränderungen durch die Ganztagsschule und die verschiedenen Einrichtungen der Jugendhilfe den Ausgangspunkt.
Fünf Themen für die Arbeitsgruppen hatte das Organisationsteam vorbereitet. Besonders am Herzen liegt den Bewohnern der öffentliche Raum. „Wohnt jemand von Ihnen hier, oder fahren Sie abends alle nach Hause?“, rief eine Bewohnerin in die Runde. Sie sei nervlich am Ende wegen der dauernden Lärmbelästigung. In ihrer unmittelbaren Nachbarschaft gebe es mehrere Kneipen mit einer Konzession bis fünf Uhr morgens – und das auch während der Woche. Der Wunsch nach einer Verkürzung der Gaststätten-Öffnungszeiten ist bei den Bewohnern besonders dringend.
Ideenliste für einen zentralen Treffpunkt
Kritisiert wurden auch der Müll auf den Spielflächen und die Hundebesitzer, die die Hinterlassenschaften ihrer Tiere nicht entfernen. Ralf-Uwe Kollenda, der seit Jahrzehnten im Viertel lebt, berichtet, dass er an der Duisburger und der Remscheider Straße die Baumbeete pflege. „Aber die Leute setzen sich dann auf die Umrandungen.“ Darüber hinaus wünschen sich die Bürger Tempo 40 auf der Brückenstraße, begrünte U-Bahngleise, ein schöneres Neckarufer und abgesenkte Randsteine.
Weder ein Lebensmittelgeschäft, noch einen Bäcker, noch eine Metzgerei gibt es im Viertel. Wer einkaufen will, muss den Weg über den Neckar nehmen. Insbesondere für ältere Leute ist das ein beträchtlicher Fußmarsch. „Hier müssen mehrere Ämter zusammenarbeiten, damit sich das ändert“, sagt Levent Günes von der Stabsstelle Integration, der zusammen mit Stephan Schumacher vom Sozialamt den Arbeitskreis Nahversorgung moderiert hat.
Eine stärkere Vernetzung aller Institutionen wünscht sich der ehemalige SPD-Bezirksbeirat Heinz Kley. Auch eine Ideenliste für einen zentralen Treffpunkt haben die Bürger zusammengestellt: Gemeinsam gärtnern, kochen, basteln, singen sowie eine ehrenamtliche Hausaufgabenbetreuung und ein regelmäßiger Flohmarkt waren Vorschläge für Aktivitäten in einem Stadtteilcafé, in dem alle Interessengruppen auf ihre Kosten kommen.