Die Messgeräte haben empfindlich auf starken Pollenflug reagiert. Das hat die Ergebnisse beeinflusst. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Am der Feinstaub-Messstation Neckartor gab es Probleme mit zu viel Pollen. Die Landesanstalt spricht von besonderen Umständen, die Fraktionen wollen Klärung.

Stuttgart. - Das Verkehrsministerium in Stuttgart hat am Dienstag keine Stellungnahme darüber abgeben können, wie es zu bewerten ist, dass Pollenflug die Ergebnisse von Feinstaubmessungen beeinflusst. „Für eine politische Einschätzung ist es zu früh. Derzeit sind die Fachleute der Landesanstalt für Umwelt und Messungen an der Sache dran“, teilte ein Sprecher des Ministeriums mit.

Unsere Zeitung hatte exklusiv über Probleme bei der Messung der Feinstaubwerte am Neckartor berichtet. Die verbindlichen gravimetrischen Messwerte werden seit dem 1. April von der LUBW nicht genannt, weil ein Übermaß an Pollen in der Messeinrichtung den Wert wahrscheinlich nach oben verfälscht hat. Derartige Probleme, so die Sprecherin der Behörde, habe es bei Pollen „in diesem Umfang noch nie gegeben“. Die Fasern hatten ein Abscheideblech zugesetzt, so dass auch gröbere Staubteile auf den entscheidenden Filter gelangten. Gemessen werden sollen mit dem Gerät aber nur Stäube bis 10 Mikrometer Korngröße (PM 10).

Zur Not greift andere Methode

An maximal 35 Tagen im Jahr dürfen nach dem EU-Grenzwert von diesen PM-10-Staub mehr als 50 Mikrogramm in einem Kubikmeter Luft vorhanden sein. 2017 gab es an der Station 41 Überschreitungstage, 2018 bisher 16. Das Neckartor ist die inzwischen einzige Messstelle im Land, an der noch eine Überschreitung beim Feinstaub registriert wird.

Die LUBW-Sprecherin wies am Dienstag darauf hin, dass es nach der parallel angewandten kontinuierlichen optischen Messmethode im April nur einen Überschreitungstag am 9. mit 61 Mikrogramm gegeben habe. Ob dieser am Ende zählt, soll bis Oktober entschieden werden, wenn die neue Feinstaub-Alarmsaison beginnt. Brisant auch für die LUBW ist, dass die Einhaltung des EU-Grenzwertes am Neckartor letztlich an einem Tag hängen könnte. Für stadtweite Fahrverbote ist allerdings nicht die Feinstaub-, sondern die Stickoxidbelastung ausschlaggebend.

CDU: Weitere Messfehler ausschließen

Im Landtag waren kritische Töne zu dem Problem zu hören. „Dass die Messwerte für Feinstaub am Neckartor durch Pollenflug verfälscht worden sind, ist in höchstem Maße irritierend“, sagte der CDU-Verkehrsexperte Thomas Dörflinger unserer Zeitung. Pollenflug gebe es jedes Jahr. Es sei nun „zügig zu klären, ob möglicherweise Messwerte der letzten Jahre und bei anderen Messstellen falsch sind“. Zudem müsse ausgeschlossen werden, „dass auch Messwerte für Stickstoffdioxid verfälscht wurden“. Der SPD-Verkehrsexperte Martin Rivoir kritisierte: „Ausgerechnet am Neckartor funktionierte gegen Ende der Feinstaubsaison die Messanlage nicht und lieferte zu hohe Werte. Angesichts der meist knappen Überschreitungen der Luftschadwerte ist das dramatisch, da neben den Stickoxiden auch die Feinstaubwerte an manchen Tagen noch immer problematisch sind.“ Dem grünen Verkehrsminister, dem Fahrverbote schon lange die liebste Lösung sind, müsse nun auf die Finger geschaut werden, sagt Rivoir: „Damit nicht am Ende Fahrverbote auf Basis von Messungen verhängt werden, die auf Fichtenpollen zurückzuführen sind.“

Ähnlich äußerte sich Jochen Haußmann von der FDP: „Der Vorgang zeigt, wie problematisch es ist, auf Basis dieser Messergebnisse politische Entscheidungen zu treffen.“ Selbst bei den Grünen herrscht ein eher erstaunter Tonfall: „Wir müssen sicherstellen, dass Messwerte aussagekräftig und belastbar sind“, meinte der verkehrspolitische Sprecher Daniel Renkonen.