Die Esslinger Adenauerbrücke ist marode und muss erneuert werden. Doch bislang ist noch unklar, wie. Foto: Roberto Bulgrin

Die Esslinger Adenauerbrücke ist höchst marode. In den kommenden Jahren ist eine Generalüberholung unausweichlich. Neben einer Sanierung ist auch ein Neubau in der Diskussion – die Stadt hat nun eine ungewöhnliche Variante dafür ins Spiel gebracht.

Günstig wird es nicht – so viel ist klar. Mit der Instandsetzung der maroden Adenauerbrücke wartet das nächste Mammutprojekt auf die Stadt Esslingen, die bereits Unsummen in die Erneuerung der anderen Neckarquerungen investiert hat. Und die Adenauerbrücke wird wohl alles toppen: Von einem dreistelligen Millionenbetrag geht man im Rathaus aus, um die Querung zwischen Oberesslingen und Berkheim fit für die Zukunft zu machen. Und zwar unabhängig davon, ob man sich für eine Sanierung im Bestand, einen Abriss und Neubau an gleicher Stelle oder aber für eine ganz neue Variante entscheidet, die die Stadt jetzt ins Spiel gebracht hat: einen Neubau unmittelbar neben der bestehenden Brücke.

Auch ein Tunnel wäre denkbar, aber schwer zu realisieren

Letztere hätte den unbestreitbaren Vorteil, dass der Verkehr während des voraussichtlich etwa fünf Jahre dauernden Neubaus weiter fließen könnte wie gewohnt. Zudem böte sich laut der Stadtverwaltung bei dieser Option die Chance, die Verkehrsentwicklung der kommenden Jahrzehnte in den Planungen zu berücksichtigen, die Radverkehrsführung neu auszurichten und den Bahnhof Oberesslingen städtebaulich besser zu integrieren. So ist laut Uwe Heinemann, dem Leiter des Esslinger Tiefbauamtes, angedacht, die neue Brücke östlich der bestehenden zu errichten und nicht über die Bahngleise in Oberesslingen hinwegzuführen, sondern durch einen Tunnel darunter. Aus diesem könnten die Fahrzeuge dann über Röhren nach rechts und links direkt auf die Ulmer Straße geleitet werden. Für den Radverkehr kann man sich bei dieser Variante verschiedene mögliche Wegeführungen vorstellen.

Ob diese Überlegungen realisierbar sind – und wenn ja, in welcher Form –, soll jetzt eine Machbarkeitsstudie zeigen. Das hat der Mobilitätsausschuss in seiner jüngsten Sitzung beschlossen und damit den Startschuss für eine eingehendere Beschäftigung mit dem Mammutprojekt gegeben. Bis 2024 soll die Studie fertig sein, dann will man die drei Optionen vergleichen. Neben einem Neubau seitlich der bestehenden Brücke stehen noch eine Generalsanierung wie bei der Vogelsangbrücke sowie ein Abriss und Neubau an gleicher Stelle wie bei der Hanns-Martin-Schleyer-Brücke zur Diskussion.

Eine Generalsanierung würde bis zu 45 Millionen Euro kosten

Allerdings würde eine Generalsanierung laut der Stadtverwaltung voraussichtlich drei bis vier Jahre dauern, teils starke Verkehrsbehinderungen mit sich bringen, bis zu 45 Millionen Euro kosten und die extrem marode Brücke maximal für weitere 25 Jahre nutzbar machen. Bei einem Ersatzneubau in gleicher Lage würde, wie bei der Schleyerbrücke, voraussichtlich nur der Überbau erneuert. Doch dieser hat eine Fläche von rund 15 500 Quadratmetern – also erheblich mehr als die Schleyerbrücke mit ihren 2500 Quadratmetern. Angesichts dessen ist nach Einschätzung der Stadt mit mindestens fünf Jahren Bauzeit und Kosten von weit mehr als 100 Millionen Euro zu rechnen. Eine mehrjährige Vollsperrung wäre bei dieser Variante unvermeidlich. Gleichzeitig wären wesentliche Abweichungen von der bestehenden Brückengeometrie, etwa im Hinblick auf die angestrebte Verkehrswende, nicht möglich.

Nun muss die Adenauerbrücke aber erst einmal die Zeit bis zur Erneuerung überstehen. Einige Vorhaben sind laut der Esslinger Verwaltung unausweichlich, damit sie die rund zehn Jahre bis zum anvisierten Start der Erneuerungsarbeiten standsicher bleibt. Immerhin rollen dort täglich rund 35 000 Fahrzeuge über den Neckar.

So soll etwa im Frühjahr eine Stahlkonstruktion unter dem sogenannten Gerbergelenk errichtet werden, das zwei Brückenteile verbindet. Damit will man verhindern, dass die Brücke absackt, sollte das marode Gelenk versagen. Auch die Erneuerung des Brückengeländers, der Straßenbeleuchtung und des Fahrbahnbelags hält die Stadt in den nächsten Jahren für notwendig.

Stadträte zeigen sich offen für einen Brückenneubau

Im Mobilitätsausschuss zeigten sich die Stadträte offen für die Idee eines Brückenneubaus neben dem bestehenden Bauwerk. Sie pflichteten dem Baubürgermeister Hans-Georg Sigel bei, der betont hatte: „Die Adenauerbrücke ist eine der bedeutendsten und leider auch eine der marodesten Brücken der Stadt.“ Gleichwohl hätten sich viele im Gremium angesichts der angespannten Finanzlage Esslingens an der ein oder anderen Stelle mehr Einsparungen gewünscht. So stießen etwa die von der Stadt als dringend notwendig erachteten Reparaturen im Vorfeld der umfassenden Erneuerung auf Unmut.

Zudem kam von mehreren Seiten die Forderung, die Schurwaldgemeinden mit ins Boot zu holen und für eine Mitfinanzierung zu gewinnen. Immerhin komme ein beachtlicher Teil des Verkehrs, der über die Adenauerbrücke rolle, vom Schurwald herunter.

Brückensanierungen am laufenden Band

Daten
 Die Esslinger Adenauerbrücke verbindet die Stadtteile Berkheim und Sirnau mit Oberesslingen und überquert dabei nicht nur die B 10 und den Neckar, sondern auch die Gleisanlagen der Deutschen Bahn, die Ulmer Straße, die Eberspächerstraße sowie die Rennstraße. Das Gesamtbauwerk besteht nach Angaben der Stadt aus sieben Teilbauwerken, die in den Jahren 1965 bis 1972 errichtet wurden. Die Brücke hat eine Länge von etwa 950 Metern und eine Gesamtfläche von rund 15 500 Quadratmetern.

Projekte
 Die Adenauerbrücke ist die vierte große Esslinger Neckarbrücke, die nun aufwendig erneuert werden muss. Nachdem bereits im Jahr 2015 die Dieter-Roser-Brücke saniert wurde, folgte die Vogelsangbrücke. Knapp zwei Jahre dauerte es, bis die Neckarquerung auf Höhe der Innenstadt Ende 2020 wieder uneingeschränkt befahrbar war. Wenige Wochen später wurde die Hanns-Martin-Schleyer-Brücke gesperrt, um abgerissen und neu gebaut werden zu können. Voraussichtlich Mitte 2023 können hier wieder Fahrzeuge rollen. Auch kleinere Brücken wurden saniert, etwa die über den Rossneckar oder die Pulverwiesenbrücke.