Elisabeth Kabatek wünscht sich mehr Leben am Fluss und dass der Neckar Teil der Stuttgarter Identität wird. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Autorin Elisabeth Kabatek beschäftigt sich in ihren Romanen immer wieder mit dem Neckar. Unter anderem hat sie eine Gebrauchsanweisung für Stuttgart geschrieben.

Bad Cannstatt - Eine romantische Szene würde Elisabeth Kabatek wohl nicht am Neckar spielen lassen. „Da würde ich eher einen Mord inszenieren oder eine gruselige Szene am Hafen“, sagt die Stuttgarter Schriftstellerin lachend. Und dafür hat sie auch ihre Gründe. In ihrem Buch „Gebrauchsanweisung für Stuttgart“ bringt Elisabeth Kabatek ihre Gedanken zum Neckar auf den Punkt: „Hinter dem Max-Eyth-See beginnt das Weinbergidyll. Mit Erstaunen registriert man hier, dass Stuttgart am Fluss liegt. Das vergisst man schnell mal um die Wilhelma und das Leuze herum, weil der Fluss da so schön einbetoniert ist – fast so, als wolle man nichts mit ihm zu tun haben und ihn mit aller Gewalt in die Schranken weisen.“

Und genau das stört die Schriftstellerin. In anderen Städten wie etwa in Heidelberg, wo sie studiert hat, wird der Fluss ganz anders genutzt; er sei erlebbar für die Menschen. „Aber in Stuttgart ist der Neckar quasi abgeschnitten von der Stadt. Er ist kein Teil der Identität. Und das finde ich richtig schade.“

Auf dem Wasen kriegt man vom Neckar nichts mit

Dies zeigt sich nach den Worten von Kabatek beispielsweise am Cannstatter Wasen. So schreibt sie in ihrer „Gebrauchsanweisung für Stuttgart“: „Offiziell wird mit ‚Cannstatter Wasen’ das Veranstaltungsareal in Bad Cannstatt bezeichnet, das am Ufer des Neckar liegt (von dem man auf dem Wasen aber überhaupt nichts mitkriegt, weil der Fluss ja so herrlich einbetoniert dahinfließt).“

Natürlich gibt es nach Ansicht von Kabatek gute Ansätze, wie der Neckar mehr zum Lebensraum für die Menschen werden könnte. So schreibt sie: „Im Neckar soll, wenn es nach dem Willen der CDU im Gemeinderat geht, irgendwann wieder gebadet werden – so wie früher. Das hält das Gesundheitsamt jedoch wegen der hohen Belastung durch Salmonellen für unrealistisch.“ Entsprechend habe der frühere Oberbürgermeister Schuster sein Versprechen nicht einlösen können, den Neckar noch während seiner Amtszeit zum Baden freizugeben. „Schwimmen im Fluss wird in Stuttgart wohl eine Illusion bleiben, trotzdem würde ich mir diese Utopie gerne bewahren“, sagt die Autorin.

Doch auch wenn das Schwimmen im Neckar keine Option ist, gibt es doch ein paar Stellen, an denen Elisabeth Kabatek den Neckar genießen kann. „Richtig schön“ sei es etwa auf der Terrasse des Gasthauses Keefertal in Stuttgart-Münster, das direkt am Fluss liegt, oder beim Restaurant Cassiopeia in Untertürkheim. „Dort sieht man, was der Neckar sein kann.“

Die Hose macht sich in Richtung Neckar aus dem Staub

Auch mit dem Rad ist Elisabeth Kabatek gerne am Neckar unterwegs. Am liebsten fährt sie in Richtung Max-Eyth-See. Und sie besucht gerne das Mineralbad Leuze. „Erst in einem der beiden Außenbecken zu schwimmen, dann im warmen Becken von Massagedüse zu Massagedüse zu wandern und anschließend im weitläufigen Park mit Blick auf den Neckar auf einer Liege ein Buch zu lesen, steht auf meiner persönlichen Liste, wie man in Stuttgart auf sehr angenehme Weise Zeit verbringt, ganz weit oben“, erklärt sie in ihrer „Gebrauchsanweisung für Stuttgart“.

Auch in Kabateks Kurzgeschichte „Die Hose“ spielt der Neckar eine Rolle. In dieser Erzählung besucht Natalia das Untertürkheimer Freibad. Als sie nach dem Schwimmen aus dem Becken steigt, ist ihre Hose verschwunden. Von der Freibadkassiererin erfährt Natalia, dass sich ihre Hose in Richtung Neckar aus dem Staub gemacht hat. Natalia überlegt, ob sie die Hose suchen und zur Rede stellen soll. Doch darauf verzichtet sie letztlich.

In Elisabeth Kabateks Büchern ist der Neckar immer wieder ein Thema. Und auch im Alltag beschäftigt sich die Autorin regelmäßig mit dem Fluss. Entsprechend hat sie auch ihre ganz eigene Vision, was der Neckar eines Tages sein könnte: „Ein Fluss für Fußgänger und Radfahrer, in dem man baden kann, wo die Leute gezielt hinkommen, mit Frisbee oder Picknickkorb bepackt. Ein Fluss, der wirklich im Bewusstsein der Leute ist.“ Also ein Ort, an dem auch mal eine romantische Liebesszene spielen könnte.