Die Vogelsangbrücke wird von Mitte März an bis voraussichtlich November 2020 zum Nadelöhr auf dem Weg in die Esslinger Innenstadt. Foto: Horst Rudel/Archiv

Die Sanierung der zentralen Esslinger Brücke ist unumgänglich – und die Zeit drängt. Das lassen sich die Baufirmen teuer bezahlen.

Esslingen - Am 19. März soll es losgehen. Wenn es Mitte März zu keinem extremen Wintereinbruch kommt, müssen sich die Autofahrer von da an – und das mehr als anderthalb Jahre lang – auf erhebliche Verkehrsbehinderungen auf der und rund um die Vogelsangbrücke einstellen. Denn bevor Anfang 2021 die Hanns-Martin-Schleyerbrücke als erste der drei in die Jahre gekommenen Esslinger Neckarbrücken abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wird, muss die Vogelsangbrücke so instandgesetzt werden, dass sie noch 20 Jahre bis zu ihrem dann unumgänglichen Abriss durchhält.

Doch bevor die Autofahrer die bittere Staupille schlucken müssen, hat am Montag zunächst der Gemeinderat ohne Murren die unumgängliche Sanierung der täglich von 43 000 Autos befahrenen Brücke auf den Weg gebracht. Für ein gewisses das Bauchgrimmen hätte es indes einen guten Grund gegeben: Denn statt der im Jahr 2017 noch veranschlagten 11,1 Millionen Euro wird die Baumaßnahme nun wohl 17,5 Millionen Euro, also 6,46 Millionen Euro mehr als geplant, verschlingen. Nimmt man den Risikopuffer hinzu, kommt man sogar auf 19,4 Millionen Euro.

Hohe Rohstoffpreise, große Nachfrage

Die Gründe dafür sind nach Angaben des Esslinger Baubürgermeisters Wilfried Wallbrecht vielfältig. Zum einen seien da zuletzt immens gestiegene Rohstoffpreise für Stahl, Bitumen und Beton, sowie die hohe Auslastung der Baufirmen, die wie überall zu höheren Baupreisen führten. Tatsache sei aber auch, dass sich auf die europaweite Ausschreibung der Sanierung der Brücke lediglich eine einzige Bietergemeinschaft, Leonhard Weiss aus Göppingen und Züblin aus Stuttgart, gemeldet hat. Erhebliche Mehrkosten verursachten darüber hinaus Sicherungsmaßnahmen im Bereich der unter der Brücke verlaufenden Bahnschienen. Weil in diesem Bereich nur in wenigen Stunden in der Nacht gearbeitet werden kann, seien die Kosten für diesen Bereich überproportional gestiegen.

Auf eine erneute Ausschreibung – wie es die Stadt bei der Sanierung der Pliensaubrücke getan hat – hat der Gemeinderat verzichtet: Zum einen hat sich dabei gezeigt, dass auch ein neuer Anlauf nicht zwangsläufig dazu führen muss, dass tatsächlich ein günstigeres Angebot ins Haus flattert. Zum anderen steht die Stadt unter erheblichem zeitlichem Druck.

Verbindliche Terminvorgaben des Landes

Denn das Land Baden-Württemberg macht seinen Zuschuss – immerhin 50 Prozent der ursprünglich veranschlagten Bausumme sowohl für die Sanierung der Vogelsang-, als auch für den Neubau der Schleyer-Brücke – davon abhängig, dass die Bauarbeiten an der Schleyerbrücke Ende 2022 abgeschlossen sind. Eine erneute Ausschreibung würde diesen ohnehin engen Zeitplan gefährden. Auch mit der Bahn gibt es bereits verbindliche Terminabsprachen, die dann noch einmal neu verhandelt werden müssten. Unklar ist, ob das Land bereit sein wird, sich an den höheren Baukosten zu beteiligen. Die Stadt suche in diesem Zusammenhang das Gespräch mit dem Stuttgarter Regierungspräsidium als der zuständigen Behörde, heißt es aus dem Rathaus. Der Ausgang dieser Verhandlungen sei aber noch offen.

Vollkommen klar ist hingegen, dass mit Beginn der Bauarbeiten erhebliche Einschränkungen auf die Autofahrer in Esslingen zukommen werden. Bereits in einem ersten Bauabschnitt wird die Rampe, die beim Bahnhof vom Altstadtring in Richtung Vogelsangbrücke führt, gesperrt. Auf der Brücke selbst droht zwar keine Voll- oder Teilsperrung. Dennoch werden über weite Strecken der Bauzeit jeweils nur eine Fahrspur in beide Fahrtrichtungen zur Verfügung stehen. Besonders während des Berufsverkehrs und während des Mittelalter- und Weihnachtsmarkts sind längere Wartezeiten für die Verkehrsteilnehmer wohl unvermeidlich. Die zumindest teilweise zeitgleich drohende Komplettsperrung der Geiselbachstraße als zentraler Verbindung in die nördlichen Esslinger Stadtteile wird das Chaos noch vergrößern.