Eine Augenweide: die Rinder im Herrenberger Stadtwald beim Wanderparkplatz Mönchberger Sattel Foto: factum/

Fünf Galloway-Kühe grasen auf einer großen Fläche im Schönbuch, wie es früher üblich war. Das Projekt dient dem Naturschutz und hat einen schönen Nebeneffekt: Für die Spaziergänger sind die Tiere eine Augenweide.

Herrenberg - Die Galloways scheinen sich im Dickicht wohlzufühlen. Mit einem Apfel lassen sie sich vor die Kamera locken. Seit rund einer Woche grasen fünf der robusten schottischen Tiere beim Mönchberger Sattel im Herrenberger Stadtwald. „Den Umzug haben sie gut gemeistert“, sagt Reinhold Kratzer. Der Leiter des Kreisforstamts hat das Projekt initiiert: Durch die Weide entsteht ein lichter Wald, der selten gewordenen Tieren und Pflanzen als Lebensraum dient. Aus Naturschutzgründen grasen die Kühe im Wald, betont Reinhold Kratzer. Ein schöner Nebeneffekt ist, dass sie für Spaziergänger auch ein Stück Heimatkunde und eine neue Attraktion bieten.

Früher war der Wald eine Weide

„Zurück zu den Wurzeln lautet das Motto hier im Stadtwald“, sagt der Herrenberger Finanzbürgermeister Stefan Metzing. In der Ortschronik von Gültstein, die zum 1250-jährigen Bestehen des Stadtteils entstanden ist, wird die historische Bedeutung der Waldweide beschrieben: Im Jahr 1714 gab es im Schönbuch, den Bebenhäuser Klosterwald abgezogen, beispielsweise mehr als 15 000 Stück Weidevieh in 117 Herden. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts trieben die Bauern ihre Kühe, Schweine, Ziegen und Schafe in den Wald. Für das neue Projekt mussten erst mehrere Bäume gefällt werden, um wieder eine lichte Fläche zu schaffen. Die Galloways gehören zum Unternehmen Schlossberg-Rind von Karl Seeger, Peter Nonnenmacher und Carsten Mössner: Ihre Herde grast ganzjährig in der Natur- und Kulturlandschaft des Heckengäus.

Zufrieden wiederkäuend stehen die Tiere nun im hohen Gras des Schönbuchs. Weil es erst spät, dann aber in großer Fülle gewachsen sei, sind die Kühe auch erst so spät auf die Weide gekommen. Auf den sieben Hektar würden sie zwischen Sträuchern und jungen Bäumen ausreichend Nahrung finden, erklärt Reinhold Kratzer. Bis September sollen die Galloways dort bleiben, wenn sie genug zu futtern haben. An drei Teichen und am Sommerbach, der unterhalb der Freßeiche durch die Waldweide läuft, können die Rinder ihren Durst stillen. Der große Unterschied zu früher: Ein solar-gespeister Elektrozaun hält die Tiere im Zaum. Er wurde extra für das Projekt von einer Spezialfirma angefertigt und funktioniere tadellos, berichtet der Förster.

Auch schon andere Tiere gesichtet

Laut seinem Kollegen Winfried Seitz, der für das Revier zuständig ist, haben sich zu den Kühen bereits andere Tiere gesellt. Der Laubfrosch war an einem der drei Tränken zu hören, und lichtliebende Vogelarten wie den Gartenrotschwanz, den Star und den Mittelspecht hat der Förster dort beobachtet. Auch der Hirschkäfer und die 13 im Stadtwald nachgewiesenen Fledermausarten würden von den lichten Strukturen in der Wiese profitieren, erklärt er. Studenten der Hochschule für Forstwirtschaft nutzen das Projekt außerdem als Forschungsobjekt.

„Eine Waldweide ist auch eine Augenweide“, findet Reinhold Kratzer darüber hinaus. Für Spaziergänger und Radfahrer soll sie ebenfalls eine Bereicherung sein – allerdings kein Zoo, schränkt der Förster ein. Die Fläche ist von den Waldwegen Kayhertalsträßle, Ludwig-Volz-Sträßle und Urschelrainweg aus gut einsehbar. Der Bau einer Beobachtungsplattform ist geplant, Infotafeln sollen aufgehängt werden. Allerdings können sich die Kühe durchaus in eine Privatsphäre zurückziehen und sich im Gebüsch und zwischen den Bäumen nicht nur vor der heißen Sonne oder dem Regen verstecken. In bestimmten Bereichen der Waldweide können sie von den Besuchern gar nicht gesehen werden. Die Forstwirtschaftsstudentin Silke Dirlewanger kann zwei der Kuhdamen erst mit dem Leckerbissen überzeugen, sich zu zeigen.