Streuobstwiesen mit alten Bäumen prägen weite Teile des Gebiets Foto: StN

1400 Obstbäume, Wald und Feuchtbiotope umfasst das Naturschutzgebiet Greutterwald im Stuttgarter Norden. Um ein Haar wäre das Areal zu Bauland und Spekulationsfläche geworden. Erst nach zähen Verhandlungen konnte es unter Schutz gestellt werden – vor jetzt genau 30 Jahren.

1400 Obstbäume, Wald und Feuchtbiotope umfasst das Naturschutzgebiet Greutterwald im Stuttgarter Norden. Um ein Haar wäre das Areal zu Bauland und Spekulationsfläche geworden. Erst nach zähen Verhandlungen konnte es unter Schutz gestellt werden – vor jetzt genau 30 Jahren.

Stuttgart - Im Jahr 1984 hat das Regierungspräsidium Stuttgart den Greutterwald als drittes Naturschutzgebiet in Stuttgart unter Schutz gestellt. Das 30-jährige Bestehen nutzt Regierungspräsident Johannes Schmalzl, um auf die Besonderheiten des Gebiets hinzuweisen: „Im dicht besiedelten Stuttgarter Norden ist mit dem Naturschutzgebiet Greutterwald die zweitgrößte Streuobstwiese Stuttgarts samt angrenzendem Wald dauerhaft gesichert worden.“

Das Gebiet zwischen den Stadtteilen Feuerbach, Zuffenhausen und Weilimdorf sei eine ökologisch wertvolle Ausgleichsfläche im Stadtgebiet von Stuttgart und ein Lebensraum zahlreicher seltener und besonders gefährdeter Tiere – vor allem von Fledermäusen, Vögeln, Amphibien und Insekten, so Schmalzl.

Der Name Greutterwald leitet sich von „Gereute“, schwäbisch „greit“ gleich gerodetes Land, ab. Die Obstanpflanzungen gehen zurück auf König Wilhelm I., der dort um 1834 eine 30 Hektar große Fläche roden und Obstbäume anpflanzen ließ. Bis heute werden diese klassischen schwäbischen Obstbaumwiesen extensiv genutzt. Das heißt, sie werden nicht oder nur wenig gedüngt und gespritzt. Zudem sind kaum Zäune und Gartenhäuserin dem weitläufigen Gebiet vorhanden.

Doch gerade die Obstbaumwiesen des „Greutterwalds“ waren in den 1970er Jahren begehrtes Bauland und Spekulationsfläche. Andererseits hatten Untersuchungen der Tier- und Pflanzenwelt auf den Streuobstwiesen und im angrenzenden Wald ergeben, dass hier zahlreiche seltene Arten heimisch sind. Nach zähen Verhandlungen konnte das Gebiet schließlich vom Regierungspräsidium Stuttgart als Naturschutzgebiet ausgewiesen und vor der Abholzung bewahrt werden.

Etwa 1400 Obstbäume, vorwiegend alte, hochstämmige Apfel- und Birnbäume, prä-gen die Streuobstwiesen im Naturschutzgebiet. Die robusten Bäume der Sorten Bos-koop, Goldparmäne, Palmischbirne, Gelbmöstler und vieler anderer bilden zusammen mit den kräuter- und blütenreichen Wiesen einen hochwertigen Lebensraum mit reicher Nahrungsgrundlage für Insekten, Vögel und Säugetiere. Typische Vogelarten sind Gartenrotschwanz, Halsbandschnäpper, Wendehals und Kleinspecht.

In alterndem Holz entstehen im Lauf der Zeit natürliche Höhlungen, in Obstbäumen schneller als in Waldbäumen. Sie sind ideale Behausungen für Baumhöhlenbewohner wie zum Beispiel Spechte, Eulen und Fledermäuse. Sie schätzen das reichhaltige Nahrungsspektrum im Greutterwald, wo die Insekten nicht mit Insektiziden belastet sind.

Da die Streuobstwiesen auf zwei Seiten von Wald eingeschlossen werden, ergäbe sich eine Waldrandlänge von über eineinhalb Kilometern, berichtet Regierungspräsident Schmalzl. Waldränder seien als Saum- oder Grenzbiotope besonders artenreich, das sei auch im Greutterwald so. Hier gebe es den größten Bestand des Pirols in Stuttgart, eines etwa amselgroßen, auffallend gelb gefärbten Singvogels.

Auch der außergewöhnliche Artenreichtum bei Schmetterlingen ist bemerkenswert. Mehr als 200 verschiedene Arten sind von dort bekannt, darunter Zitronenfalter, Schwalbenschwanz, Schachbrett, Großes Ochsenauge und Weißklee-Gelbling. Die Wasserflächen und Feuchtgebiete im Wald bieten für Amphibien gute Lebensbedingungen, beispielsweise verschiedene Frosch- und Molcharten, Feuersalamander, Gelbbauchunke und Ringelnatter.

Der Greutterwald wird als Naherholungsgebiet gern angenommen. Von allen Seiten führen Fuß- und Radwege ins Naturschutzgebiet. Sehr beliebt sind der aussichtsrei-che Feuerbacher Höhenweg an der Südgrenze des Schutzgebiets und die Wege durch die Streuobstwiesen. Zu entdecken gibt es außerdem frühgeschichtliche Befestigungsanlagen auf dem Lemberg und die Mergelgrube „Kotzenloch“, in der die Wengerter früher Mergelgrus zur Aufbesserung der Weinbergböden abbauten.

Das Regierungspräsidium bittet Besucher, Natur und Landschaft zu schonen, Hunde an der Leine zu führen und Hundekot zu entsorgen. Reiten ist nur auf den dafür gekennzeichneten Wegen erlaubt.