Unter anderem Saatkrähen nehmen in Fellbach überhand – mit weitreichenden Folgen. Foto:  

Die von der Politik geforderten revierübergreifenden Drückjagden aufs Schwarzwild sind aus Sicht der Fellbacher Jäger unterm Kappelberg nur mit großem Aufwand umsetzbar. Die Waidmänner sind schon froh über den Wegfall der Schonzeiten.

Fellbach - Wer wissen will, wie viel Zeit ein Jäger auf dem Hochsitz verbringt, sollte sich mal mit Volker Schwörer unterhalten. Nach der Erfahrung des Waidmanns dauert es im Durchschnitt gut 30 Stunden, bis ihm eine Wildsau vor die Flinte spaziert. Das Borstenvieh gilt schließlich nicht ohne Grund als besonders schlau – wenn nach dem großen Knall ein junger Keiler fehlt, meidet die Rotte auch eine noch so attraktive Futterstelle lieber.

Politiker Peter Hauk fordert den Abschuss von 100 000 weiblichen Wildsäuen

Auch deshalb sehen es die Fellbacher Jagdpächter mit gemischten Gefühlen, dass Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) dem Schwarzwild jüngst den Kampf angesagt hat. Den Abschuss von landesweit 100 000 vornehmlich weiblichen Tieren fordert der Politiker. Wegen der Aus-breitung der Afrikanischen Schweinepest wird ein Übergreifen der Seuche auf die Ställe befürchtet, der deutsche Bauernverband hat als Ziel formuliert, den Bestand um 70 Prozent zu reduzieren.

Das ist gerade im dicht besiedelten Großraum Stuttgart kein leichtes Unterfangen. Die Tiere vermehren sich quasi schneller als die Jäger überhaupt zum Schuss kommen. Und revierübergreifende Drückjagden, zuletzt von den FDP-Landtagsabgeordneten Ulrich Goll und Jochen Haußmann gefordert, bedeuten rund um den Kappelberg einen kaum leistbaren Aufwand. Die Jagdpächter haben es in Fellbach nämlich auch mit Mountainbikern und Joggern, Paint-Ball-Schützen und Spaziergängern, auf eine Leine verzichtenden Hundebesitzern und nachts mit hoch-motorisierten Boliden durch die Wein-berge brausenden Autofahrern zu tun. „Leider Gottes gibt es auch Zeitgenossen, die eine Jagd aus vermeintlicher Tierliebe bewusst verhindern wollen“, sagen Volker Schwörers Kollegen Harry Fakner und Peter Treiber.

Die Jäger sind schon froh, dass das Land mit Blick auf die Schweinepest wenigstens die neuerdings gültigen Schonzeiten fürs Schwarzwild ausgesetzt hat. Die Wirkung dieser Entscheidung lässt sich in Zahlen messen. Im vergangenen Jahr wurden in den drei Revieren Fellbach-West, Fellbach-Ost und Oeffingen exakt 40 Keiler und Bachen erlegt. Im Jahr 2016 standen gerade mal acht Tiere auf der Abschussliste. „Die Ideologie, dass sich die Natur selbst regelt, funktioniert in dicht besiedelten Gebieten nicht“, sagt der für die FW/FD-Fraktion auch im Fellbacher Gemeinderat vertretene Peter Treiber.

Die Stadt Fellbach ist froh um ihre Jäger

Auch aus einem anderen Grund ist die Stadt Fellbach froh um ihre Jäger. Denn ohne die Jagd auf Füchse und vor allem die immer zahlreicher ausschwärmenden Saatkrähen hat auch das Rebhuhn keine Chance. „Wenn hunderte Vögel auf Beute lauern kommt kein Hase, kein Rebhuhn und kein Singvogel durch“, sagen die Jäger. Selbst für Landwirte seien die Verluste durch nach Jungpflanzen pickende Rabenvögel stellenweise existenzbedrohend.