Landwirte und Biologen studieren die neue Verbreitungskarte der Rebhühner. Foto:  

Die Stadt Fellbach und das Landratsamt versuchen den Tierbestand mit einem gemeinsamen Modellprojekt zu erhalten.

Fellbach - Die Hauptpersonen wollten sich nicht zeigen. Sie sind scheu. Aber sie fliegen auch nicht mehr erschreckt auf, wie von Vögeln zu erwarten ist, wenn Menschen sich nähern. Schnell wird bei der Felderrundfahrt mit Umweltschützern des Waiblinger Landratsamts und der Stadt Fellbach sowie Landwirten klar, dass die Rebhühner auf dem Schmidener Feld selten und im Bestand gefährdet sind. Ein Modellprojekt von Stadt, Land und Landratsamt soll jetzt auf Abhilfe sinnen. Es wird von der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg unterstützt.

Die Zählung des Tier- und Landschaftsökologen Jürgen Deuschle, beauftragt mit fachlicher Begleitung und Planungen im Modellprojekt, ist eindeutig. Noch vor 20 Jahren waren 120 Brutpaare des am Boden Neste bauenden und unter anderem deswegen besonders gefährdeten Vogels rund um Schmiden zu beobachten. Die neueste Zahl ist für alle Freunde der Natur erschreckend: Es gibt auf dem Schmidener Feld nur noch 15 Brutpaare. In vielen Landkreisen ist der Vogel sogar ausgestorben, möglicherweise erst vor kurzem ebenso auf dem Rommelshauser Anteil am Schmidener Feld. Er steht auf der Roten Liste vom Aussterben bedrohter Arten.

Seit vier Jahren versucht die Stadt, den Rebhühnern neue Lebensräume zu schaffen

Das traurige Ergebnis dürfte entmutigend sein für private Umweltschützer aus dem Naturschutzbund (Nabu), die fast als einsame Rufer inmitten einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung schon seit vielen Jahren davor gewarnt haben, dass immer mehr Lebensräume für Vögel verloren gehen. Seit mindestens vier Jahren hat die Stadt Fellbach auch begonnen, den Rebhühnern neue Lebensräume zu schaffen. Das sind Grundstücke, die in einem fünfjährigen Turnus aus der Bewirtschaftung genommen werden, um mit einer speziellen Bepflanzung – nicht zu dicht, nicht verbuscht, aber in eine gewisse Höhe gewachsen, Gehölze streifenweise entfernt – den gefährdeten Vögeln Deckung und Nahrung zu bieten. Zwischen den großen einheitlichen Getreideäckern und Maisfeldern fallen die Grundstücke auf: Plötzlich stößt der Spaziergänger aus der Monotonie unerwartet auf eine unübersehbare Vielfalt in voller Blüte auf engstem Raum: Dort flattern Schmetterlinge, die sonst auf Äckern fast nie zu sehen sind. Wildbienen summen und ziehen auf der Suche nach Nektar von Pflanze zu Pflanze.

Vielen Arten haben diese nutzungsfreien Räume geholfen – „eine kleine Oase“, sagt Peter Zaar, Dezernent im Landratsamt und damit der ranghöchste anwesende Beamte. Aber schlecht steht es um das „Flaggschiff“ im Fellbacher Artenschutzkonzept, wie Stadtbeamtin Gundis Steinmetz die Rebhühner nennt: „Die Stadt Fellbach kriegt das Problem allein nicht mehr gehoben.“ Als „Feuerwehrmaßnahme“, sagt Markus Wegst vom Landratsamt, werden die Vögel, insbesondere die Jungtiere, jetzt gefüttert.

Haben die zusammen fünf Hektar großen Brachflächen bisher kaum etwas genützt? Jürgen Deuschle sieht dies anders: „Wo wir ein besonders eng geknüpftes Netz solcher Rückzugsflächen haben, haben wir auch eine sehr hohe Rebhuhndichte und den geringsten Rückgang.“ Nördlich der Stauferstraße ist so ein Gebiet. Doch ob Tierökologen, amtliche oder private Naturschützer, Stadt- oder Landesbeamte – sie kommen zum Ergebnis, dass die Mühen noch längst nicht ausreichen.

Die Rückzugsflächen müssen um das Zehnfache wachsen, damit die Tiere eine Chance haben

Die auf den Erhalt der Rebhühner eingeschworenen Landwirte auf der Felderrundfahrt dürften geschluckt haben, an welche Größen von Schutzflächen gedacht ist. Denn sie benötigen ihre Äcker zur Nahrungsmittelproduktion. Um das Zehnfache, sagt Deuschle, müssen die Rebhuhn-Rückzugsflächen anwachsen, damit die jeweils durch ein großes Revier wandernden Tiere überall passende Flächen finden und sich dann wieder auf die Soll-Stärke von wenigstens 100 Brutpaaren für 800 Hektar Flur vermehren. Nicht immer sollen dies Brachen sein: Auch passende Ackerrand- oder Trennstreifen helfen. Aber „Flächen anzumieten ist gut investiertes Geld“, sagt Markus Wegst. Des Weiteren sollen Graswege nicht mehr gemäht werden, was leider zumindest in einem Fall in diesem Jahr bereits ignoriert worden ist. Viel gewonnen wäre aber, wenn es gelingt, in Kooperation mit den Stadtwerken rebhuhnfreundliche Alternativen statt Mais als Energieträger für die Biogasanlage anzubauen. Auch ist die örtliche Jägerschaft im Boot. In einer strukturarmen Landschaft werden die Rebhühner eine leichte Beute für Füchse. Deren Bestand muss geregelt werden.

Gefragt sind aber auch die Spaziergänger, die Erholung suchen. Sie werden gebeten, die Graswege und Brachflächen nicht zu begehen und ihre Hunde anzuleinen. Stöbernde oder jagende Hunde schwächen die Bestände an Rebhühnern weiter.