Auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz in Münsingen leben heute Schafe Foto: dpa

Bei den Haushaltsberatungen für 2018/19 wollen die Grünen im Landtag einen Schwerpunkt auf den Naturschutz legen.

Stuttgart - Die Grünen im Landtag wollen in den kommenden Jahren mehr Geld in den Naturschutz investieren. „Mit Blick auf die dramatische Situation beim Artenschwund legen wir im Haushalt einen politischen Schwerpunkt auf den Erhalt unserer Lebensgrundlagen“, sagte Fraktionsvize Thekla Walker dieser Zeitung. Vor allem der kontinuierliche Rückgang von Insekten und Vögeln gefährde die biologische Vielfalt in Deutschland. „Zusätzlich setzen wir auf einen starken Biolandbau, der eine wichtige Rolle bei der Reduktion des Pestizid-Einsatzes spielt.“

Bei den Verhandlungen über den Doppelhaushalt 2018/19 in den nächsten Wochen will die Grünen-Fraktion erreichen, dass die Mittel für den Naturschutz deutlich erhöht werden. Im Zuge der Koalitionsverhand- lungen vor einem Jahr hatten sich Grüne und CDU darauf verständigt, die Ausgaben für diesen Bereich bis zum Ende der Legislaturperiode 2021 schrittweise um 30 Millionen Euro auf 90 Millionen anzuheben.

Für das laufende Jahr wurden die Ausgaben für den Naturschutz bereits um 7 Millionen Euro erhöht, wegen der Kürzungen in den Ministerien blieben dafür netto allerdings nur zwei Millionen Euro mehr. Das solle sich nicht wiederholen, sagt Markus Rösler, naturschutzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Der Naturschutz sei in den nächsten Jahren einer der landespolitischen Schwerpunkte der Grünen. „Wir haben einen sehr hohen Handlungsbedarf.“

Von 60 auf 90 Millionen

Zum einen soll nach dem Willen seiner Fraktion mehr Geld fließen, um artenreiche Blumenwiesen, Wacholderheiden, Streubobstwiesen und Moore auf Dauer zu sichern. Mehr als die Hälfte der Mittel werden für die Vernetzung der Lebensräume von bedrohten Tier- und Pflanzenarten sowie das EU-weite Netz an Schutzgebieten Natura 2000 und damit in die Arbeit der Landschaftserhaltungsverbände investiert werden, sagt Rösler. Die Pflege gefährdeter Lebensräume wie Wacholderheiden, Feuchtwiesen oder Orchideenwiesen soll gemeinsam mit den Kommunen, Landwirten und den Aktiven im Naturschutz in den Landschaftserhaltungsverbänden zügig umgesetzt werden.

Gestärkt werden soll auch die Umwelt- und Naturschutzverwaltung des Landes: Ein Gutachten zeige, dass die Verwaltung „am Rande der Mangelverwaltung arbeite“, sagte Walker. „Die Klagen von Bürgern und Unternehmen über lange Genehmigungsverfahren sprechen eine deutliche Sprache.“ Für den Umwelt- und Naturschutz sei eine leistungsfähige Verwaltung dort notwendig, wo der Vollzug stattfinde: bei den Regierungspräsidien, in den Landratsämtern und bei der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg. Grün-Schwarz hat sich bereits darauf verständigt, dass dort keine weiteren Stellen mehr abgebaut werden sollen – und ein Stellenabbauprogramm aus den Zeiten von Schwarz-Gelb endgültig gestoppt.

Stellen für das Biosphärengebiet

Zusätzliche Mittel und Stellen soll unter anderem das Biosphärengebiet Schwäbische Alb erhalten, zu dem auch der ehemalige Truppenübungsplatz in Münsingen gehört. Zehn Jahre nach seiner Auszeichnung als „Unesco biosphere reserve“ und damit als weltweite Modellregion für nachhaltige Entwicklung wird die Unesco im Jahr 2019 überprüfen, inwieweit die ursprünglichen Ziele erreicht wurden. „Die anfängliche Skepsis einzelner Gemeinden hat sich gelegt“, sagt Rösler. Mittlerweile wollten eine Reihe weiterer Kommunen Teil des Schutzgebiets werden, das in den nächsten Jahren von rund 85 000 auf bis zu 150 000 Hektar erweitert werden soll. Darüber wird die Landesregierung entscheiden – von den Kommunen wird erwartet, dass sie sich selbst stark für den Naturschutz und in der nachhaltigen Entwicklung der Region engagieren. Dass sich das auch wirtschaftlich rechnet, zeigt sich unter anderem an den steigenden Übernachtungszahlen in der Region.

Damit das Biosphärengebiet die Unesco-Auszeichnung auch bis 2029 erhält, ist unter anderem die Einrichtung einer Naturwacht erforderlich. In einer ersten Stufe seien vier Stellen für hauptamtliche Mitarbeiter vorgesehen, die im Gelände unterwegs sind, Besucher informieren, eigene Führungen anbieten und im Notfall auch einschreiten, wenn sie Gäste auf verbotenen Wegen oder beim Orchideenpflücken bemerken. Weitere Stellen sollen laut Rösler dann möglichst im Doppelhaushalt 2020/21 folgen.

Finanzministerin Sitzmann (Grüne) hat den Fraktionen Gestaltungsspielraum eingeräumt: Für einmalige Mehrausgaben stehen in den nächsten beiden Jahren insgesamt 400 Millionen Euro bereit, für dauerhafte Mehrausgaben – etwa Stellen – sind im nächsten Jahr 182 Millionen, 2019 dann 199 Millionen Euro eingeplant. Allerdings sind die Wunschlisten lang – in allen Bereichen.