Schwalben haben keine Lobby, sagt ein Ornithologe aus Filderstadt. Entsprechen wenig politischen Rückenhalt habe das Thema. Foto: Gentle07/pixabay

Ein Gutachter aus Filderstadt hat im Auftrag der Stadt Stuttgart vor zwei Jahren den Bestand an Mehlschwalben in Birkach erfasst. Das Ergebnis ist niederschmetternd. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe.

Birkach/Filderstadt - Insgesamt 13 Brutpaare auf 104 Hektar: Das ist die klägliche Bilanz einer Mehlschwalben-Zählung, die ein Gutachter auf Geheiß der Stadt vor zwei Jahren in Birkach unternommen hat. Seit Jahren geht es mit den Vögeln mit den typischen weißen Bäuchen bergab. Laut dem Naturschutzbund (Nabu) Stuttgart, der seit 1973 Brutpaare von Schwalben und Mauerseglern ehrenamtlich erfasst, hat sich der Bestand der Mehlschwalbe in den vergangenen zwei Jahrzehnten etwa halbiert. Die Rauchschwalbe habe ebenfalls gelitten, wenn auch weniger stark.

Das Insektensterben ist schuld, aber auch der moderne Wohnungsbau. Die Rauchschwalbe nistet gern in Ställen und Scheunen, die werden aber weniger. Mauersegler leben in Hohlräumen, die sukzessive wegsaniert werden. Mehlschwalben wiederum fehlt durch die Bodenversiegelung der Lehm zum Nestbau.

Ein niederschmetterndes Ergebnis

Die Zählung in Birkach, aber auch in Botnang, Mühlhausen, Münster und Stammheim, hatte 2018 in erster Linie einen Zweck: potenzielle Nistplätze identifizieren, um dann auf die Hausbesitzer zuzugehen und zu klären, ob und wie man sie unterstützen kann, künstliche Nester anzubringen.

Laut Jutta Geismar vom Amt für Umweltschutz sind 34 Häuser in Birkach aufgrund ihrer Höhe, der Fassade und ihres Dachvorsprungs geeignet, und auch einen städtischen Naturschutzfonds gibt es, aus dem Nisthilfen gefördert werden könnten. Weiter passiert ist aber wenig. Vor allem bei einer Frage stockt es: Wer bringt die Nester wie an? „Man braucht lokale Akteure“, sagt Jutta Geismar.

Der Ornithologe Johannes Mayer vom Büro „Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung“ in Harthausen hat die Untersuchung seinerzeit gemacht. Zwar würde er sich wünschen, dass die Stadt der Schwalbe zuliebe schon weiter wäre, er nimmt das Amt aber auch in Schutz. „Wir haben im Naturschutz so viele Stellen, wo es brennt“, sagt er, zudem seien die Behörden oftmals unterbesetzt. Weiteres Problem: „Es gibt wenig politische Rückendeckung.“ Die Belange von Flora und Fauna kollidierten oft mit denen anderer, etwa von Bauern oder Familien, die Wohnraum brauchen.

So oder so: Die Schwalbe hat keine Lobby. „Es gibt extrem wenig Neubesiedlung an Gebäuden, das wird sofort unterbunden“, sagt Johannes Mayer. Der Hauptgrund ist der Kot der Vögel. Hinzu kommt: Ist ein Nest erst mal da, darf es nicht einfach wieder entfernt werden. Beziehungsweise es muss Ersatz her, wenn Nester durch Neu- und Umbauten wegfallen. Vielen ist das lästig.

Tipps für schwalbenfreundliche Häuslebauer

Die Schwalbe braucht also Hilfe, etwa durch Ehrenamtliche wie Birgit Metallo. Sie ist Mitglied der Gruppe Artenschutz Gebäudebrüter, die der Nabu Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen 2008 gebildet hat. Mehrmals im Jahr zieht die 61-Jährige los und kartiert und beobachtet Schwalben und Mauersegler. Auch werden potenzielle Nistplätze vorgeschlagen und Häuslebesitzer beraten. Allein an der Ludwig-Uhland-Schule in Leinfelden konnten auf Nabu-Initiative 44 Mauersegler-Brutmöglichkeiten geschaffen werden. Im Sommer 2019 wurden an der Stelle 20 Brutpaare gezählt; etwa ein Viertel des Gesamtbestandes in der Stadt. In puncto Mehlschwalbe sei das dörflich geprägte Musberg ein „Hotspot“. Birgit Metallo schätzt den Bestand dort auf etwa 45 Brutpaare.

Seit 2016 zeichnet der Filder-Nabu „schwalbenfreundliche Häuser“ aus. 20 Gebäude haben die Plaketten schon erhalten. Zufrieden ist Birgit Metallo aber noch lang nicht. „Die Flächenversiegelung geht ja fröhlich weiter.“ Sie betreibt daher viel Öffentlichkeitsarbeit, wirft Hausbesitzern Flyer ein und spricht sie an – sicherlich zum Verdruss mancher Bauherren. „Es wird alles versucht, um die Lebensstätten zu erhalten“, sagt sie. „Wir kämpfen für die, die noch da sind.“

Weitere Infos unter: www.artenschutz-am-bau.dewww.nabu-le.de/unsere-projekte/artenschutz/