Heidelandschaften wie im Hirschackerwald sind Lebensraum für seltene Arten Foto: Nabu BW

Einst übte die deutsche Wehrmacht in den Dünen bei Schwetzingen (Rhein-Neckar-Kreis) mit ihren Panzern den Wüstenkrieg. Später nutzten US-Truppen das Gelände. Nach deren Abzug entwickelte sich dort ein besonders wertvoller Naturraum: Neuer Eigentümer ist der Naturschutzbund (Nabu).

Schwetzingen - Bislang war der Hirschackerwald, der wegen seiner Geschichte auch Panzerwald genannt wird, im Eigentum des Bundes. Der hat das naturschutzrechtlich besonders wertvolle Gebiet mit 96 Hektar jetzt der Nabu-Stiftung Nationales Naturerbe übereignet. Besonders glücklich darüber ist der Nabu-Landesvorsitzende, Andre Baumann: „Da merke ich, dass ich Schwetzinger bin, die Sandstrohblumenpopulation dort in meiner Diplomarbeit untersucht habe und dieses sandige Stück Heimat mir ans Herz gewachsen ist.“

Der Hirschackerwald gehört zum Nationalen Naturerbe Deutschlands, denn er ist ein besonders wertvoller Lebensraum für seltene Arten. Das kombinierte Natur- und Landschaftsschutzgebiet ist als Flora-Fauna-Habitat ausgewiesen und Teil eines von bundesweit 30 Hotspots der biologischen Vielfalt. Der Nabu setzt sich dort schon länger für die außergewöhnlichen Sandlebensräume ein, seit 2014 auch über das von Bund und Land geförderte Hot-Spot-Projekt Lebensader Oberrhein.

Typisch für das Landschaftsbild sind lichte als Weide genutzte Kiefern- und Eichenwälder, Heideflächen und Sandmagerrasen. Für Tiere wie die Heidelerche und die Harlekinspinne sowie Pflanzen wie die Sandstrohblume sind die Dünen einer der wichtigsten Lebensräume im Land. Dort lebt auch die kleinste Wildbienenart Deutschlands, das Steppenbienchen, das sich von Sandthymian ernährt, der in Baden-Württemberg nur in den Dünen der Kurpfalz wächst. Andre Baumann hält es deshalb für eine große Aufgabe, die sensibelsten Bereiche von Baden-Württembergs größtem Sandheidegebiet vor Störungen zu bewahren und das Gebiet dennoch für Menschen zu öffnen.

Nabu besitzt 16 800 Hektar

Jahrzehntelang war der Hirschackerwald, der frühere Schwetzinger Stadtwald, Sperrgebiet. Die Stadt Schwetzingen hatte ihn 1938 an die Wehrmacht verkauft. In den heutigen Tompkins Barracks war ein Panzerregiment stationiert, das die Sanddünen des Hirschackerwalds und des angrenzenden Mannheimer Dossenwalds als Übungsplatz für den sogenannten Wüstenfeldzug nutzte. Auch General Rommel soll mit von der Partie gewesen sein. Nach dem Zweiten Weltkrieg rückte die US-Army nach und nutzte die Dünen als Übungsplatz für die in Heidelberg und Schwetzingen stationierten US-Truppen. Nach Abzug der US-Soldaten wurde auch der Übungsplatz aufgegeben und wegen seines Naturschutzwerts ins Nationale Naturerbe aufgenommen.

Bereits 1911 kaufte der Nabu die ersten wertvollen Flächen, um sie für die Nachwelt zu sichern: „Als Eigentümer können wir die Perlen der Natur für diese und die kommenden Generationen am besten erhalten“, sagt Christian Unselt, Vorsitzender der Nabu-Stiftung Nationales Naturerbe. Durch Kauf und Unterhalt solcher Flächen sichert die Stiftung den Erhalt einzigartiger Naturparadiese in Deutschland. Aktuell besitzt der Nabu 16 800 Hektar in 265 Gebieten.

Dichter Wald muss Parklandschaft weichen

Die Nationalen Naturerbe sind im Besitz des Bundes. Einige dieser wertvollen Naturoasen überträgt der Bund entweder an die Länder oder an Umweltstiftungen. Die Pflege unterliegt konkreten Auflagen, die in einem abgestimmten Konzept festgelegt wurden.

Der Nabu wird das Gelände innerhalb der nächsten sechs Jahre wieder in eine offene Parklandschaft verwandeln. Dazu müssen viele Buchen und auch der inzwischen dichte Kiefernwald entfernt werden, Solitärbäume – alte Eichen und Kiefern – bleiben erhalten. Der dichte Bewuchs geht auf die Amerikaner zurück, die Bäume zum Schutz gegen Sowjet-Satellitenbilder pflanzten. Ursprünglich war die karge Landschaft aber offen und parkähnlich. Erhaltenswert sind vor allem die Sandheideflächen mit Flechten, Moosen und Gräsern.