Anfassen? Nur mit Handschuhen: Laura Spiegler zeigt Foto: Werner Kuhnle

Selbst Hand anlegen, historische Exemplare bestaunen, Pflanzendruckverfahren kennenlernen: Die kurzweilige Ausstellung „Natur drucken“ im Hornmoldhaus macht es möglich.

Bietigheim-Bissingen - Ein unbekanntes Gewächs am Wegesrand entdeckt? Kurz das Smartphone gezückt und die Suchmaschine bemüht, schon weiß man, mit welcher Pflanze man es zu tun hat. Dass sich auch vor ein paar hundert Jahren detailliertes Wissen über Heil- und Gewürzpflanzen verbreiten konnte, ist einer Technik zu verdanken, der sich jetzt das Bietigheimer Museum im Hornmoldhaus widmet: dem Pflanzendruck, im Fachjargon Naturselbstdruck. Ein Anknüpfungspunkt dafür: Bietigheim war einer der frühesten Apotheken-Standorte in Württemberg.

Einst waren sie unter Apothekern eine heiß gehandelte, da für den Erfolg ihrer Mixturen ausschlaggebende Ware: Abbilder von Pflanzen. Dazu spannte man Papier oder Leder auf ein Brett, das mit einer Farbmischung aus Leinöl und Ruß bestrichen war, legte die Pflanze darauf und drückte sie leicht an, sodass die Blattrippen die Farbe aufnahmen. Dann wurde die Pflanze mit einem Druckbogen bedeckt und gepresst.

Die Technik verbreitete sich im 17. Jahrhundert über ganz Europa; gerade in Zeiten, als auch unbekannte Pflanzen von fremden Kontinenten ihren Weg in die alte Welt fanden, hatte die Methode Konjunktur. „Pflanzenjäger und Wissenschaftler machten sie sich zunutze“, sagt Museumschefin Regina Ille-Kopp, die mit Volontärin Laura Spiegler die Ausstellung konzipierte.

Schummeln ging nicht

Pflanzen waren zwar auch zuvor schon bildnerisch verewigt worden. „Aber mancher Zeichner sah sich eher als Künstler. Beim Naturselbstdruck hingegen konnte man nicht schummeln. Er bildete das Original in identischer Größe und mit seinen Eigenheiten ab“, sagt Ille-Kopp. Und im Gegensatz zu Pflanzen, die in Herbarien gepresst wurden, drohte dabei weder Schimmel noch Insektenfraß.

Kein Wunder, dass auch die Verlagsbranche dabei ihren Schnitt machen wollte. Die k. und k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien schaffte 1853 den Durchbruch mit einem Walzendruckverfahren, das die Vervielfältigung hochwertiger botanischer Werke ermöglichte. „Sie ging darüber aber auch schier pleite“, merkt Ille-Kopp an. Kostbare Exemplare mit prachtvoll erhaltenen alten Pflanzendrucken aus Beständen öffentlicher und privater Leihgeber veranschaulichen die Historie des Pflanzendrucks, dessen Ende als wissenschaftliche Dokumentationsmethode schließlich die Erfindung der Fotografie einläutete.

Selbermachen ist angesagt

In Kunst, Pädagogik und Freizeitgestaltung lebt der Naturdruck allerdings weiter. „Man kann damit zum Beispiel wunderbare Urlaubstagebücher herstellen“, erzählt Regina Ille-Kopp. Mancher Künstler bedient sich auch mal in der benachbarten Fauna: An den Ausstellungswänden hängt auch ein gedruckter Stachelrochen.