Stuttgart blüht auf, endlich. In diesem Sinne: frohe Ostern! Foto: Andreas Rosar Fotoagentur-Stuttg

Eine kleine Inventur zu Ostern fördert erstaunliche Zahlen zu Tage: Der Wettkampf zwischen Bäumen und Dieseln in Stuttgart endet 185 000:102 424. Das hat Folgen, orakelt Lokalchef Holger Gayer.

Stuttgart - Eine der wichtigsten Erfindungen des Menschen ist die Inventur. Das Zählen von Dingen hat einen reinigenden Charakter; man staubt das Alte ab, grübelt, ob die weitere Aufbewahrung des Kruschts lohnt, und schafft Platz für Neues. In Geschäften wird wird die Inventur gerne zwischen Weihnachten und Neujahr gemacht. Fürs Wohlergehen der Menschen und die Belange der Natur bietet sich dagegen Ostern an: Spätestens jetzt darf der Winter huschhusch ins Körbchen. Wir wollen Sonne! Und endlich wieder spüren, wie schön es bei uns ist.

Thomas Kiwittist da mit gutem Beispiel vorangegangen. Bereits am vergangenen Dienstag hat der Planungsdirektor des Verbands Region Stuttgart dem walisischen Minister für öffentliche Verwaltung, Alun Davis, verschiedene Projekte der sogenannten grünen Infrastruktur gezeigt: den Travertin-Park in Bad Cannstatt, den Neckarstrand in Remseck, die Zugwiesen in Ludwigsburg sowie die Landungsbrücke und die Kulturkläranlage in Fellbach. „Wir freuen uns, wenn wir die mit unserem Landschaftspark Region Stuttgart gemachten Erfahrungen in ihrer ganzen Vielfalt weitergeben können“, sagte Fremdenführer Kiwitt nach dem Ausflug mit dem Briten und ließ seine Öffentlichkeitsarbeiter zudem verkünden, dass die Region „mit ihrer vielfältigen Kulturlandlandschaft – von Streuobstwiesen über Weinberge und Ackerflächen bis zu rekultivierten Steinbrüchen – Einheimischen und Gästen einen hohen Freizeitwert bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Prosperität“ biete.

Landwirtschaftsminister definiert die Attraktivität Stuttgarts

So weit, so gut. Unverzeihlich jedoch ist, dass Kiwitt ausgerechnet die wichtigste Attraktion der Region in seiner Aufzählung aussparte. Dabei hat Landwirtschaftsminister Peter Hauk schon einige Tage zuvor (bei einer Veranstaltung, die sich eigentlich mit der Frage beschäftigte, welchen Weinbau wir künftig wollen) keinen Zweifel daran gelassen, wofür Stuttgart wirklich steht: für Spitzenwerte bei Feinstaub und Stickstoffdioxid. Der grüne Oberbürgermeister Fritz Kuhn habe es geschafft, die Landeshauptstadt in der ganzen Welt mit Feinstaubalarm in Verbindung zu bringen, lobte der studierte Förster Hauk den studierten Linguisten Kuhn – und war, ganz wie es seine Art ist, viel zu bescheiden, den Anteil der eigenen Partei am Stuttgarter Schadstoffhöhenflug zu erwähnen. Doch Ehre, wem Ehre gebührt: Sowohl die CDU-Ministerpräsidenten Teufel, Oettinger und Mappus als auch der CDU-Oberbürgermeister Schuster haben mit ihrem beharrlichen Aussitzen des Themas Luftreinhaltung einen erheblichen Anteil daran, dass sich die Stuttgarter bald auf Fahrverbote für ältere Diesel freuen dürfen.

Das grüne U könnte zum grünen O ausgebaut werden

Die Folgen dieser Entwicklung sind grundstürzend. Die Zahl der Selbstzünder in der Stadt ist jetzt schon unter jene der Bäume gesunken. Während die Stadtgärtner im vorigen Jahr 185 000 Bäume gezählt haben, die sie pflegen durften, rutschte der Anteil von Dieselautos ab auf 102 424 Fahrzeuge. Wenn das so weitergeht, wird man das offene grüne U bald zum geschlossenen grünen O ausbauen und über eine Wiederbelebung des alten Namens Stutengarten nachdenken können.

Immerhin 657 Pferde wiehern offiziell in der Stadt. Damit liegen die Rössle in der Tabelle der in Stuttgart am häufigsten registrierten Tiere aber weit hinten. Platz eins gehört ganz klar den Hunden: 14 434 davon bellen am Nesenbach. Es folgen die Hühner (7900) und die Bienen, die jedoch eine Sonderrolle spielen: Von ihnen werden die Völker gezählt (2462) und nicht die Individuen. Am Ende stehen die Schweine: Von ihnen gibt es nur noch 80 in der Landeshauptstadt. Und Rinder sind es 862.

Die Rindviecher nicht eingerechnet.