Trotz der ablehnenden Bürgervoten in einigen Gemeinden hält die grün-rote Landesregierung an der Einrichtung eines Nationalparks im Nordschwarzwald fest. Naturschutzminister Bonde bekräftigte, dass er bis Ende Juni einen Vorschlag für ein Gebiet machen wolle. Foto: dpa

Es ist eines der Prestigeprojekte von Grün-Rot: Der geplante Nationalpark im Nordschwarzwald. Doch viele Bürger vor Ort sind gegen das Vorhaben. Wie kann die Regierung sie jetzt noch überzeugen?

Stuttgart - Trotz der ablehnenden Bürgervoten in einigen Gemeinden hält die grün-rote Landesregierung an der Einrichtung eines Nationalparks im Nordschwarzwald fest. Naturschutzminister Alexander Bonde (Grüne) bekräftigte am Montag in Stuttgart, er wolle bis Ende Juni einen Vorschlag für ein Gebiet machen. Er kündigte aber weitere Diskussionen mit den betroffenen Bürgern und Gemeinden an. CDU-Fraktionschef Peter Hauk forderte Grün-Rot auf, entweder ganz von dem Projekt Abstand zu nehmen oder einen Neustart anzugehen. Es sei bislang nicht gelungen, die Menschen vor Ort von dem Nationalpark zu überzeugen. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte: „Aus unserer Sicht ist der Nationalpark mausetot.“

Sieben Orte in der Region des möglichen Parks hatten ihre Bürger zu dem Vorhaben befragt. 64 bis 87 Prozent äußerten sich ablehnend. Die Befragungen haben keine rechtliche Bindung, da der Park per Landesgesetz eingerichtet werden soll. Im Nordschwarzwald soll der erste Nationalpark Baden-Württembergs überhaupt entstehen. Grün-Rot sieht sich durch das Ergebnis eines Gutachtens bestärkt. Dagegen fürchten Gegner um Arbeitsplätze in der Forstwirtschaft und in der Holzverarbeitung. Zudem gibt es die Sorge, dass Borkenkäfer über den dann nicht mehr bewirtschafteten Wald herfallen könnten.

Die betroffenen Landräte sehen das Votum der Bürger mit gemischten Gefühlen. „Ich habe immer gesagt, dass wir die Akzeptanz der Bevölkerung brauchen“, betonte der Landrat des Kreises Rastatt, Jürgen Bäuerle (CDU). „Nur dann kann das Projekt erfolgreich sein.“ Jetzt müsse sich die Landesregierung überlegen, wie sie die Bevölkerung doch noch überzeugen kann. Der Calwer Landrat Helmut Riegger (CDU), der den Nationalpark immer befürwortet hatte, zeigte sich erstaunt über die deutlichen Ablehnung in der Bürgerbefragung. „Die Meinung der betroffenen Gemeinden hat natürlich mehr Gewicht, als die von Kommunen, die weiter weg vom Nationalpark liegen.“

Minister Bonde bedauerte, dass man die Bedenken gegen den Nationalpark nicht habe zerstreuen können. Er sprach von „aggressiven Kampagnen“ der Gegner. Die Orte, die ihre Bürger befragt hätten, seien die Hochburgen der Widerständler. Auf den Vorschlag der CDU, einen Runden Tisch einzuführen, reagierte der Minister zurückhaltend. Man werde sich im Kabinett beraten. Aber es liege nahe, dass man die „etablierten Instrumente“ der Einbeziehung von Bürgern nutzen wolle. Wer aber wolle, dass nicht der Landtag, sondern die Bürger über das Thema entschieden, der solle auf ein Volksbegehren auf Landesebene hinarbeiten, sagte der Naturschutzminister. Bei einer landesweiten Befragung werden den Befürwortern größere Chancen eingerechnet.

BUND sieht weiterhin gute Chancen für das Projekt

SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel meinte, die Befürworter des Nationalparks müssten nun Flagge zeigen. Seine Fraktion sei nach wie vor überzeugt davon, dass es richtig sei, einen Nationalpark im Nordschwarzwald einzurichten. Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann sagte, nun müssten die Gründe für die Ablehnung des Parks geprüft werden. „Wir nehmen die Menschen und ihre Befürchtungen ernst. Dies hat die Regierungskoalition bei den unzähligen Informations- und Diskussionsveranstaltungen im Nordschwarzwald bewiesen.“

Der Naturschutzverband BUND sieht weiterhin gute Chancen für das Projekt. Jetzt gehe es darum, kreativ nach einer Lösung zu suchen - und zwar auf der Basis der Gemeinden, die den Nationalpark wollten, sagte BUND-Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender. „Im Notfall“ sei auch ein zweigeteilter Nationalpark denkbar. Erfahrungsgemäß würden bei solchen Naturschutzprojekten Skeptiker im Laufe der Zeit durch die positiven Effekte ohnehin umschwenken. Von der Deutlichkeit der Ablehnung der Bürger sei sie durchaus überrascht gewesen. „Man kann sie nicht zu ihrem Glück zwingen“, sagte Dahlbender.

Der Verband der Säge- und Holzindustrie lehnt den Nationalpark weiterhin ab. Die Regierung habe zwar versprochen, die Holzversorgung auch künftig zu sichern. Aber: „Die zentrale Frage ist, wie dieses Regierungsversprechen konkret umgesetzt werden soll“, teilte der Verband am Montag mit. Das Versprechen, dass neue Arbeitsplätze im Tourismus entstehen sollen, nutze den Sägewerken und holzverarbeitenden Betrieben wenig, wenn dort Stellen verloren gingen.