Ein Forstwissenschaftler wirft dem Gutachter Irrtümer und Verfehlungen vor. Der Nabu spricht von „laienhafte Äußerungen“. Foto: dpa

Der Nationalpark Nordschwarzwald kommt, daran lässt Grün-Rot keinen Zweifel. Das hindert Gegner wie Befürworter aber nicht, weiterhin die Klinge zu kreuzen. Auch Wissenschaftler geben sich noch nicht geschlagen.

Stuttgart - Auch nach dem Grundsatzbeschluss der Landesregierung über die Einrichtung eines Nationalparks im Nordschwarzwald hält der öffentliche Streit um das Projekt an.

Auf Expertenebene hat jetzt einer der entschiedensten Gegner des Vorhabens, der Freudenstädter Forstwissenschaftler Wolfgang Tzschupke, eine Generalabrechnung mit dem offiziellen Gutachten vorgelegt. Zusammen mit dem Ex-Präsidenten der Forstdirektion Karlsruhe, Peter Weidenbach, unterstellt er den Beratungsfirmen Pricewaterhouse Coopers und ö:konzept, schwere Fehler und Irrtümer. „Entgegen der Annahme der Gutachter ist ein Nationalpark Nordschwarzwald kein effektives Instrument zur Sicherung der Biodiversität und der Artenvielfalt“, heißt es in der 14-seitigen Stellungnahme. Die Auswirkungen auf Forstwirtschaft und Tourismus seien außerdem viel zu positiv dargestellt. Die Einschätzung zum Borkenkäferbefall widerspreche der tatsächlichen Gefahrenlage, und obendrein seien die Kosten höher als angegeben.

Entgegen der Behauptung von Grün-Rot sei die Arbeit von Pricewaterhouse Coopers und ö:konzept auch zu keinem Zeitpunkt ergebnisoffen gewesen, monieren Tzschupke und Weidenbach. Der Nationalpark werde vielmehr „von Beginn an dogmatisch und alternativlos betrachtet“. Die kritisierten Unternehmen kommentierten diese Vorwürfe nicht. Aufseiten der Parkbefürworter erregte das Papier jedoch heftigen Unmut. „Wir treten dem entschieden entgegen“, sagten André Baumann, Landeschef des Nabu und Mitglied im Freundeskreis Nationalpark Schwarzwald, sowie Thomas Fritz, der Sprecher des Freundeskreises.

Tzschupke geriere sich als Experte unterschiedlicher Fachdisziplinen, „ohne umfassend als solcher wissenschaftlich gearbeitet beziehungsweise in den einschlägigen Fachjournalen publiziert zu haben“, halten sie dagegen. So zeuge es von einer oberflächlichen Herangehensweise an das Thema, wenn der Begriff der biologischen Vielfalt mit dem schlichten Befund von Artenzahlen gleichgesetzt werde, monieren Baumann und Fritz.

Bürger kommentieren Gesetzentwurf fleißig

Seine Äußerungen müssten deshalb als „laienhaft“ klassifiziert werden. Tschupke sei außerdem schon wiederholt als Lobbyist der Holz- und Sägeindustrie aufgetreten, verschweige diesen Umstand aber.

Mit unverminderter Schärfe geht der Streit um den Nationalpark auch in der breiten Öffentlichkeit weiter. Als willkommene Bühne dient dafür seit einigen Wochen das Beteiligungsportal Baden-Württembergs im Internet. Hier sind die Bürger dazu aufgerufen, den Gesetzentwurf der Landesregierung bis zum 14. August zu kommentieren – was diese auch tun.

„Ein Nationalpark ist gegen die Meinung der meisten Bewohner und gegen jede Vernunft“, schreibt zum Beispiel ein Teilnehmer. Ein anderer hält dagegen: „Ich finde es überfällig, dass Baden-Württemberg endlich auch einen Nationalpark bekommt. Das ist gut für den Artenschutz, eine Chance für den Tourismus und spannend für uns Baden-Württemberger.“

Unterdessen sammeln sich hinter den Kulissen bereits die Vertreter der betroffenen Gemeinden und Landkreise, um die Gründung eines Nationalparkrats vorzubereiten. Dieser ist als zentrales Gremium für die Entwicklung des Schutzgebietes vorgesehen. Auch einen Beirat soll es geben, in dem die Vertreter gesellschaftlicher Gruppen und wissenschaftliche Experten ihren Sachverstand einbringen. Dazu gehören auch drei Regionalverbände. Eine weitere Diskussionsebene ist die offizielle Verbandsanhörung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens. Nach der Sommerpause will die Landesregierung die Stellungnahmen bewerten und abschließend entscheiden.