Gomez bejubelt seinen Treffer. Foto: dpa

Der Erfolg im Bayern-Trikot verleiht Mario Gomez auch in der Nationalelf neue Gelassenheit.

Sinsheim - Er hat schwere Zeiten hinter sich. Manch einer wäre daran zerbrochen. Nicht so Mario Gomez. Bei Bayern München hat der Stürmer sein Glück gefunden. Jetzt setzt er alles daran, auch in der Nationalmannschaft seine Chance zu nutzen.

Völlig tiefenentspannt saß Mario Gomez nach dem 2:1-Sieg gegen Uruguay auf dem Podium, nuckelte an einer Wasserflasche und wartete geduldig, bis er an die Reihe kam. Gelöst blickte er in die Runde und vermittelte den Eindruck: Da ist einer mit sich und der Welt im Reinen. Was er später auch bestätigte: "Ich versuche nicht, auf Teufel komm raus einen Stammplatz zu erobern. Ich bin entspannt und versuche, den Trainer mit Leistung zu überzeugen."

In Sinsheim ist ihm das eindrucksvoll gelungen. Gomez luchste Uruguays Kapitän Diego Lugano den Ball ab, steuerte aufs Tor zu, schüttelte Diego Godin ab und überwand Torhüter Fernando Muslera - sein 16. Länderspieltreffer. Balleroberung, Dribbling und Abschluss gelangen in wenigen Sekunden - so zielstrebig geht nur einer zu Werke, der vor Selbstbewusstsein strotzt. "Sehr gut", lobte Bundestrainer Joachim Löw. Die Belohnung folgt auf dem Fuß, wenn auch anders, als sich Gomez dies gewünscht hat. Miroslav Klose, sein Münchner Teamkollege, fällt wegen einer Rippenprellung für die EM-Qualifikationsspiele gegen Österreich am Freitag (20.30 Uhr/ARD) in Wien und gegen Aserbaidschan am kommenden Dienstag (19 Uhr/ARD) in Baku aus. "Das ist bedauerlich", sagte Löw, "bei unseren Planungen für diese Begegnungen hat Miro gemeinsam mit Mario Gomez im Sturm eine wichtige Rolle gespielt." Oder eine wichtigere? Klose hätte gegen Österreich gespielt, heißt es, Gomez hätte zurück auf die Bank müssen.

Jetzt heißt es: Solo für Mario!

Dass es nun gegen Österreich geht, muss ein Wink des Schicksals sein, zumindest ist es eine Aufforderung zur späten Wiedergutmachung. Gegen Österreich hatte Gomez im Vorrundenspiel bei der EM 2008 dieses traumatisierende Erlebnis, das ihn und die Wahrnehmung, die er auf die Fans ausübt, so nachhaltig geprägt hat. Damals hatte er, statt den Ball aus zwei Metern über die Torlinie zu drücken, eine Kerze fabriziert und wie paralysiert zugeschaut, wie der Österreicher György Garics per Kopf auf der Linie rettete. Seither musste Gomez mit einem breiten Misstrauen der meisten Fans und Medien leben, das zuletzt in wütenden Pfiffen bei den Länderspielen gegen Australien in Mönchengladbach (1:2) und gegen Kasachstan in Kaiserslautern (4:0) gipfelte. "Ich war noch gar nicht auf dem Platz und wurde schon ausgepfiffen", sagte Gomez und klagte: "Mein großer Konkurrent ist Miroslav Klose, aber der größte Konkurrent ist zurzeit ein Teil der eigenen Fans."

In der Champions League traf nur Lionel Messi häufiger.

Dabei war sein größter Widersacher, genau genommen, Louis van Gaal. Der Ex-Trainer des FC Bayern hatte vergangenen Sommer erklärt, er setze nur auf eine Spitze - Gomez sei seine Nummer vier. Im Winter dachte der Profi an einen Wechsel nach Liverpool, die Bayern-Bosse legten ihr Veto ein, und Gomez behauptete sich: Mit 28 Saisontreffern wurde er Torschützenkönig der Bundesliga, in der Champions League traf nur Lionel Messi häufiger.

Mario Gomez: vom Prügelknaben zum Souverän. "Bei Bayern habe ich es geschafft. Das kann auch der Weg in der Nationalmannschaft sein", sagte Gomez am späten Sonntagabend. Wobei Joachim Löw ohnehin ein steter Förderer des ehemaligen VfB-Stürmers ist. "Ich weiß, dass er auf mich setzt. Und ich bin mir ganz sicher, dass ich meine Tore für Deutschland noch machen werde", sagte Gomez. Die nächste Chance kommt schneller als gedacht.